Grüne fordern die Verankerung der flankierenden Massnahmen in der Verfassung
Die Delegierten der Grünen Schweiz haben heute in La Chaux-de-Fonds ihre Nein-Parolen gegen die Vorlagen zur USR III und den NAF beschlossen. Einstimmig Ja sagen sie zur erleichterten Einbürgerung für die dritte Generation. Die Delegiertenversammlung stand im Zeichen des Widerstandes gegen rechtspopulistische Politik. Die Grünen fordern, dass der Gegenentwurf zur RASA-Initiative das Prinzip der flankierenden Massnahmen in der Verfassung verankert. Die Globalisierung könne nur mit sozialen und ökologischen Spielregeln funktionieren.
Mehr Mitglieder und Wahlerfolge: das hat das Kampagnenjahr 2016 den Grünen gebracht. Im Jahr nach den eidgenössischen Wahlen konnten sie in Kantonen und Gemeinden zulegen und in Freiburg ihre Kantonsratssitze gar verdoppeln. Zudem hatten die Grünen mit zwei nationalen Abstimmungskampagnen die politische Agenda geprägt. Die rund 46 Prozent Ja-Stimmen zum geordneten Atomausstieg waren das beste Resultat aller rotgrünen Initiativen der letzten Jahre und haben der Energiestrategie 2050 den Weg geebnet. Parteipräsidentin Regula Rytz (Präsidialrede hier)blickt deshalb zuversichtlich auf die Abstimmung zum Referendum: „Bevölkerung und Wirtschaft werden den Retro-Kurs von Ölscheich-Lobbyist Rösti klar ablehnen.“ Die Grünen seien ihrerseits bereit, allfällige AKW-Subventionsgelüste der SVP mit einem Referendum zu bekämpfen. „Die Bevölkerung zahlt schon genug für die Misswirtschaft der AKW-Betreiber.“
Harte Fakten als Mittel gegen rechts
Für die Grünen ist auch die Umsetzung der Zuwanderungsinitiative ein Lehrstück für rechtspopulistische Slalomfahrten. „Die Annahme der Initiative war für die SVP-Spitze ein Betriebsunfall. Deshalb verheddern sie sich in abenteuerliche Widersprüche“, sagt Rytz. Für die Grünen sei klar: Die Personenfreizügigkeit findet nur Akzeptanz, wenn sie mit Massnahmen gegen Lohndumping und andere negative Auswirkungen unbegrenzter Arbeitsmärkte begleitet ist. Der Gegenentwurf zur RASA-Initiative sei deshalb eine Chance, das Prinzip der flankierenden Massnahmen in der Verfassung zu verankern. „Es ist an der Zeit, dass auch die FDP endlich begreift, dass es keine Öffnung geben kann ohne sozialen Ausgleich und faire Spielregeln“, sagt Regula Rytz. Nach zwei nationalen Abstimmungskampagnen 2016 werden die Grünen das neue Jahr für eine Stärkung der Parteistrukturen und eine Programmdebatte mit den Mitgliedern nutzen. Vizepräsident Luca Maggi, Vertreter der Jungen Grünen, forderte die Delegierten dazu auf, den politischen Ton gegenüber jenen, welche die drastische Ungleichheit auf dieser Welt und die Ausbeutung von Mensch und Natur weiterhin negieren oder verharmlosen, zu verschärfen und die Widersprüche der rechten Politik mit harten Fakten zu demontieren.
Zweimal Nein, einmal Ja
Erste Gelegenheiten, Grüne Werte zu demonstrieren, bot die Parolenfassung für die nationalen Abstimmungen vom 12. Februar.
Die Parole gegen die Unternehmenssteuerreform III fiel einstimmig aus. Dass mit der Umsetzung der Reform die Steuerlast von Unternehmen hin zu natürlichen Personen erfolgen würde, weil anderweitige Kompensationen für die hohen Ertragsausfälle fehlen, ist klar das Hauptargument für ein Nein. Für die Ausfälle müsste am Schluss die Bevölkerung aufkommen – sei es durch höhere Steuern und Gebühren oder durch Abbau von Dienstleistungen.
Ebenso klar fiel der Entscheid der Delegierten für die erleichterte Einbürgerung der dritten Generation aus. Hier geborene Enkelkinder von ehemaligen Einwanderer/innen sind bereits Schweizerinnen und Schweizer. Nur das entsprechende Papier fehlt ihnen. Es ist richtig und wichtig, ihnen die Einbürgerung nicht unnötig schwer zu machen und die Bürokratie endlich abzubauen. Wer seit drei Generationen in der Schweiz zuhause ist, soll nicht nur am gesellschaftlichen sondern auch am politischen Leben voll und ganz teilnehmen können. Die Delegierten kritisierten die Abstimmungskampagne von rechtsnationalistischen Kreisen, welche die Bevölkerung für dumm verkauft.
Auch die Nein-Parole gegen den Fonds für Nationalstrassen und Agglomerationsverkehr (NAF) wurde mit 93 Nein- zu sechs Ja-Stimmen bei sechs Enthaltungen deutlich beschlossen. Die Gegenstimmen und Enthaltungen kamen vor allem aus Regionen, die auf die Unterstützung des Bundes bei konkreten Agglomerationsprojekten zählen. Das Argument, wonach der NAF nicht nur zum Erhalt und Betrieb der Nationalstrassen führt, sondern eine neue Strassenbauoffensive auslöst, wurde von den Grünen Delegierten aber stärker gewichtet. Die Finanzierung der Agglomerationsprogramme könne sichergestellt werden, ohne der Bundeskasse 700 Millionen Franken zu entziehen.