Nein zum Frontex-Ausbau
Keine Finanzierung von Frontex
Bundesbeschluss vom 1. Oktober 2021 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2019/1896 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624 (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands)
- Keine Finanzierung des Frontex-Ausbaus: Mit der Ablehnung der Vorlage verhindern wir, dass sich die Schweiz weiterhin mitverantwortlich macht für ein rigides Grenzregime, welches die Menschenwürde mit Füssen tritt.
- Nein zur Festung Europa: Die Schweiz muss sich dafür einsetzen, dass das Mittelmeer und die europäischen Grenzen zu Orten der Zusammenarbeit und des Austauschs werden. Sie muss mehr Verantwortung in der internationalen Migrationspolitik übernehmen und echte, wirksame und legale Wege der Flucht anbieten.
- Druck für eine Reform erhöhen – wir brauchen ein «besseres Schengen»: Lehnen wir diese Vorlage ab, stärkt das die GRÜNEN und andere Kräfte im Europäischen Parlament, die sich gegen das unmenschliche Grenzregime einsetzen und die EU gerät verstärkt unter Druck, endlich die nötigen Frontex-Reformen für eine Stärkung der Menschenrechte vorzunehmen. Mit einer solchen Neuausrichtung der Migrationspolitik kann die Schweiz der Frontex-Weiterentwicklung in einem zweiten Anlauf zustimmen und bleibt Teil des Schengen-Raums.
Nein zur Festung Europa!
Nationalrätin Marionna Schlatter erklärt, weshalb wir GRÜNE den enormen Ausbau von Frontex ablehnen. Für eine menschliche Migrationspolitik und eine weltoffene Schweiz. Erhöhen wir den Reformdruck: NEIN zum Frontex-Ausbau am 15. Mai 2022!
Um was geht’s?
Die Festung Europa stärken – das ist das Hauptziel, welches die Länder Europas mit ihrer Migrations- und Grenzschutzpolitik, festgeschrieben im Schengen-Abkommen, verfolgen. An den europäischen Aussengrenzen werden die Menschenrechte mit Füssen getreten: Migrant*innen werden aktiv und immer wieder gewaltsam abgewiesen. Das Recht, einen Asylantrag zu stellen, wird ihnen verweigert. Im Auftrag der EU-Kommission ist die europäische Grenz- und Küstenwache Frontex, zusammen mit den nationalen Grenzpolizeien, für dieses unmenschliche Regime verantwortlich. Auch der Bundesrat trägt die Leitlinien für diese grausame Politik mit. Inzwischen ist erwiesen: Frontex arbeitet sogar mit der libyschen Küstenwache zusammen, um Migrant*innen zurück in Libyens Gefängnisse zu schicken, wo gemäss UNO Morde, Versklavung und Vergewaltigungen dokumentiert sind.
Die neueste Weiterentwicklung des Schengen-Abkommens will Frontex massiv ausbauen und aufrüsten. Bereits zwischen 2005 und 2021 erhöhte sich das Gesamt-Budget für Frontex um mehr als das Hundertfache – und es soll noch weiter steigen. Frontex soll zu einer 10’000 Personen starken Grenzschutz-Armee werden; ausgerüstet mit eigenen Waffen, Booten, Flugzeugen und Drohnen. Auch der Bestand an (bewaffneten) Schweizer*innen, die für Frontex im Einsatz sind, soll steigen. Die Schweiz würde Frontex in Zukunft mit 61 Millionen Franken pro Jahr (statt wie bisher 14 Mio. Franken) unterstützen. Auf Bestreben der Europäischen GRÜNEN hin kritisierte das EU-Parlament diesen Ausbau stark und fror einen Teil des Frontex-Budgets ein. Denn Frontex agiert intransparent, vernachlässigt die Achtung der Menschenrechte und schaut bei illegalen, gewalttätigen Praktiken an den Grenzen weg oder ist sogar selbst Teil davon – und muss trotzdem kaum Rechenschaft dafür ablegen.
Nein zur Grenzgewalt gegen Migrant*innen
Die Gewalt an Europas Grenzen widerspricht den Grundrechten von Migrant*innen und den grünen Werten fundamental. Mit Pushbacks und weiteren unmenschlichen Praktiken trägt Frontex eine Mitverantwortung dafür, dass Menschen in Not auf hoher See sich selbst und dem Tod überlassen oder zurück in Bürgerkriegsregionen geschickt werden, wo sie misshandelt und teilweise sogar getötet werden. Jede verfolgte Person hat laut der Genfer Flüchtlingskonvention und internationalen Menschenrechtsnormen das Recht, über einen sicheren Fluchtweg einen Asylantrag zu stellen, ohne ihr Leben riskieren zu müssen. Eine menschenrechtskonforme Migrationspolitik heisst nicht, sämtliche Asylgesuche positiv zu beantworten. Aber der Schutzbedarf von Asylsuchenden muss seriös abgeklärt werden, statt sie einfach zurückzudrängen.
Legale Zugangswege zum Asylverfahren statt Friedhöfe
Europa darf keine Festung sein. Das Abwehr-Dispositiv an Europas Grenzen hat dazu geführt, dass mehr als 18’000 Menschen in den letzten acht Jahren im Mittelmeer gestorben sind. Es wurde schwieriger und gefährlicher, überhaupt ein Asylgesuch stellen zu können. Die Schweiz muss sich dafür einsetzen, dass das Mittelmeer und die europäischen Grenzen zu Orten der Zusammenarbeit und des Austauschs werden, und nicht zu Friedhöfen. Die Schweiz als wohlhabendes Land muss mehr Verantwortung in der internationalen Migrationspolitik wahrnehmen und echte und wirksame legale Wege der Flucht anbieten. So soll die Schweiz anbieten, im Rahmen des Dublin-Abkommens mehr Migrant*innen zu übernehmen, die in Ländern an den Aussengrenzen ankommen – denn eine gemeinsame Migrationspolitik kann in Europa nicht funktionieren, solange die Last einseitig auf diesen Ländern ruht. Weitere Möglichkeiten bestehen durch eine zahlreichere Aufnahme von anerkannten Geflüchteten, die in Flüchtlingslagern weltweit verharren («Resettlement-Kontingente»), sowie durch eine Wiedereinführung des Botschaftsasyls (Möglichkeit, auf Schweizer Botschaften im Ausland Asylgesuche stellen zu können) und eine Ausweitung der Gewährung von humanitären Visa.
Referendum in der Schweiz bestärkt Reform in der EU
Mit der Referendumsabstimmung besteht zum ersten Mal die Gelegenheit, dass wir uns an der Urne gegen das unwürdige Grenzregime aussprechen können. Ein Schweizer Nein zur Frontex-Weiterentwicklung reiht sich ein in die grossen Zweifel, welche das EU-Parlament bereits zu diesem Ausbau geäussert hat. Eine Ablehnung der Vorlage setzt die EU, die Schengen-Staaten wie auch Frontex selbst unter Druck, endlich die nötigen Reformen der Agentur vorzunehmen und die Gewalt zu beenden. Ein Nein stärkt jene Kräfte im Europäischen Parlament, insbesondere die GRÜNEN, welche sich gegen die Militarisierung der Grenzen und für eine transparente und menschenrechtskonforme Grenzkontrolle einsetzen. Im Falle eines Neins wird die Schweiz mit der EU um die Weiterführung der Schengen-Mitgliedschaft in Verhandlung treten. Die Schweiz muss dabei die nötige Neuausrichtung von Frontex – insbesondere den Schutz von Menschen beispielsweise vor dem Ertrinken – einfordern und für die Stärkung der Menschenrechte an den Grenzen ihre Unterstützung zusichern. Weiter soll die Schweiz eine grössere Verantwortung in der internationalen Migrationspolitik übernehmen (Übernahme von Migrant*innen aus den Grenzstaaten, grössere Resettlement-Kontingente, Wiedereinführung des Botschaftsasyls, mehr humanitäre Visa). Im Rahmen einer Neuausrichtung der Migrationspolitik und einer Reform von Frontex soll der Bundesrat die Schengen-Weiterentwicklung nochmals dem Parlament und allenfalls der Bevölkerung zur Genehmigung vorlegen, womit die Schweiz im Schengen-Raum verbleibt. Da das Schengen-Abkommen Teil des Pakets Bilaterale II ist, in denen die Verträge nicht mit einer «Guillotine-Klausel» verbunden sind, sind auch keine anderen Abkommen in Frage gestellt – auch nicht die Personenfreizügigkeit, die Teil des Pakets Bilaterale I ist.