Bei den Sozialversicherungen und in der Justiz ist der Bedarf an DolmetscherInnen anerkannt. Sie werden normalerweise von der öffentlichen Hand finanziert. Das Bedürfnis nach DolmetscherInnen besteht jedoch auch im Gesundheitswesen. Mit solchen Dienstleistungen können Kosten vermieden werden, die durch Fehldiagnosen und –behandlungen oder durch unterlassene Pflege wegen Kommunikationsschwierigkeiten entstehen.

Heute wird oft ad hoc nach Lösungen gesucht. So werden Angehörige oder Spitalangestellte hinzugezogen, die nicht kompetent oder nicht verfügbar sind. Ausserdem wird in solchen Fällen die Intimsphäre der PatientInnen verletzt.

Die heute eingereichte Motion fordert ein flexibles System, wonach sowohl Spitälern als auch Privatpraxen ein Netz von DolmetscherInnen zur Verfügung steht, das bei einfachen Verständnisproblemen auch via Telefon funktionieren kann. Zudem sollte für komplexere Situationen ein Netz von interkulturellen ÜbersetzerInnen, deren Ausbildung seit Juni 2008 eidgenössisch anerkannt ist, zur Verfügung stehen. Das Zurückgreifen auf solche Dienstleistungen wäre bei Bedarf möglich, deren Finanzierung wäre einheitlich und kohärent geregelt.

Heute fehlt eine solche Finanzierung. Dieser Mangel führt zu einer unwürdigen „Bastlerei“ im Gesundheitswesen und in der Integrationspolitik, wie es die Organisation Appartenances in Genf und Lausanne, die Dienstleistungen für MigrantInnen anbietet, immer wieder erlebt.

Auch die Schweizerische Interessengemeinschaft für interkulturelles Übersetzen und Vermitteln INTERPRET befürwortet die Motion Recordon. Zertifizierte interkulturelle ÜbersetzerInnen arbeiten professionell und garantieren die Verständigung unter Wahrung des Arztgeheimnisses. Diese Dienstleistungen sind entsprechend zu entlöhnen. Seit 2004 haben 560 professionelle interkulturelle ÜbersetzerInnen das INTERPRET-Zertifikat erworben.

Das Schweizerische Netzwerk Gesundheitsfördernder Krankenhäuser HPH – ein Netzwerk der Weltgesundheitsorganisation WHO – fordert, dass die Kantone und Krankenversicherer die Kriterien des „Migrant Friendly Hospital“ anerkennen. Sie würden die Übersetzungskosten dann tragen, wenn die Institution ausdrücklich nach diesen Qualitätskriterien arbeitet. Die eidgenössische Gesetzgebung müsste diesen Prozess fördern.