Die Corona-Krise ist ein Stresstest für die Länder Europas. Alle suchen unter Hochdruck nach kurzfristigen Rezepten für die Gesundheitsversorgung und die Wirtschaftsstützung. Dabei tritt das enorme Reichtumsgefälle schonungslos zutage. Während Deutschland locker über 650 Milliarden Euro für die Sicherung von Löhnen, Liquidität und Direkthilfen zur Verfügung stellen will, kämpft das von der COVID-19-Welle gebeutelte Italien gegen einen Staatsbankrott. Die grünen Wirtschaftsfachleute im Europäischen Parlament befürchten deshalb ein Auseinanderbrechen der Eurozone und einen langfristigen Rückfall in die Zeit der Nationalismen.

Um den strukturschwachen Ländern rechtzeitig unter die Arme zu greifen, fordern die Europäischen Grünen unter anderem die Ausgabe von «CoronaEuro-Bonds». Das sind gemeinschaftlich verbürgte Kredite, die bessere Zins-Konditionen für den Wiederaufbau bieten. Doch die Bonds werden von den wirtschaftlich starken Ländern genauso abgelehnt wie beispielsweise Direkthilfen an Italien. Die nationalen Egoismen gehen vor. Und zwar so weit, dass medizinische Hilfsgüter blockiert wurden und Frankreich laut über ein Ausreiseverbot für Grenzgänger*innen im Gesundheitsbereich diskutierte. Das hätte auch die Schweiz brutal getroffen. Die arbeitsteilige, globalisierte Wirtschaft wird zum Versorgungsrisiko.

GRÜNE stärken die Kooperation

Alarmiert durch die aktuelle Entwicklung haben die Europäischen Grünen im März eine Videokonferenz aller Parteispitzen der Mitgliederparteien durchgeführt. Gemeinsam fordern wir mehr Solidarität und Unterstützung zwischen den europäischen Nachbarländern und mit dem globalen Süden. Gemeinsam wollen wir die Produktion von strategisch wichtigen Gütern wieder lokal organisieren. Gemeinsam bekämpfen wir den Abbau von Grundrechten – ob im Asylbereich oder bei den Persönlichkeitsrechten. Gemeinsam wollen wir die Wirtschaft mit einem «Green Deal» und mit Investitionen in hochwertige öffentliche Dienstleistungen und in die CareArbeit wieder in Gang bringen.

Europa am Scheideweg

Die rechtspopulistischen Parteien vieler Länder haben die Corona-Krise lange heruntergespielt. Doch immer mehr Autokraten finden Gefallen an hohen Grenzzäunen und Notrechtregimes. Die nächsten Monate sind deshalb nicht nur für das nachhaltige Wirtschaften entscheidend, sondern auch für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Als Bollwerk gegen den Autoritarismus kommt den GRÜNEN in ganz Europa gerade jetzt eine entscheidende Rolle zu. Engagieren und vernetzen wir uns!

Regula Rytz
Präsidentin GRÜNE Schweiz, Nationalrätin BE 
@RegulaRytz