Verfassungsbasis für eine umfassende Familienpolitik
Die Familienrealitäten haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Um diesen neuen Realitäten gerecht zu werden braucht es eine Verfassungsbasis und eine adäquate Familienpolitik. Ob Einverdiener-Familien oder Doppelverdiener-Familien, ob Eineltern- oder Patchworkfamilien, ob junge Familien oder Familien in späteren Lebensphasen mit Verantwortung für die älter werdende Generation – alle sollten die Möglichkeit haben, frei entscheiden zu können, auf welche Weise sie füreinander Verantwortung übernehmen und füreinander einstehen wollen. Doch um diese Wahlfreiheit sicherzustellen, brauchen Familien Zeit, Infrastrukturen, Einkommen und faire Chancen.
Die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Politik müssen die Rahmenbedingungen so setzen, dass die übernommene Verantwortung für die jüngere wie auch für die ältere Generation von allen Familien wahrgenommen werden kann. In den vergangenen Jahrzehnten konnte auf Grund fehlender klarer Bundesverfassungskompetenz keine nationale kohärente Familienpolitik umgesetzt werden. Auffallend ist, dass im Rahmen der Gesamtrevision der Bundesverfassung, der Gesetzgeber der Familie nicht mehr Bedeutung geschenkt hat und lediglich den früheren Artikel 34 quinquies in einen Artikel 116 umgewandelt hat. Dies ist umso erstaunlicher, weil in diesen 60 Jahren seit der Einführung des Artikels 34quinquies die Familien einen grossen Wandel durchgemacht haben, und der Alltag sie vermehrt herausgefordert hat.
Diese Veränderungen wurden in den Kantonen wahrgenommen. Einige Kantone hatten bereits zwei Jahrzehnte vor der Diskussion um die neue Bundesverfassung eine Diskussion über die Notwendigkeit eines kantonalen Verfassungsartikels zur Familie lanciert. Diese Diskussion löste richtigerweise auch eine Diskussion über die Definition der Familie aus. Mittlerweile hat die grosse Mehrheit aller Kantone einen Artikel zur Familie in ihrer kantonalen Verfassung verankert. Familie ist offen formuliert und erlaubt dadurch die Förderung und Unterstützung aller Familien, in Anerkennung der Vielfalt der Lebensformen. Doch die Analyse der kantonalen Verfassungsnormen zeigt, dass nicht alle Kantone die gleichen Prioritäten setzen. Daher ist eine Bundesverfassungsnorm, welche die familienpolitischen Ziele umfassend beinhaltet sinnvoll.