Präsidialrede Balthasar Glättli – DV 28.01.23
Eine gerechte und glückliche Gesellschaft innerhalb der planetaren Grenzen
Es gilt das gesprochene und das geschriebene Wort.
«Une société juste et heureuse au sein des limites planétaires.»
«Una società giusta e felice entro i confini planetari.»
«Ina societad gista e fortunada entaifer ils cunfins planetars.»
«Eine gerechte und glückliche Gesellschaft innerhalb der planetaren Grenzen.»
Das ist unser Ziel. Das liegt in unserer DNA. Dafür setzen wir uns ein. Dafür machen wir Politik. Dafür ziehen wir in dieses entscheidende Jahr, ins Wahljahr 2023!
Liebe GRÜNE
Chères Vertes et chers Verts
Cari Verdi
Es gibt wohl keinen besseren Ort als Genf, um dieses grüne Wahljahr zu eröffnen. Genève internationale, Stadt der UNO, Stadt der SDGs, der Sustainable Development Goals, die für ebendieses Ziel stehen: Das Ziel einer gerechten und glücklichen Gesellschaft innerhalb der planetaren Grenzen.
Und Genf ist nicht nur eine lebendige, dynamische, weltoffene Stadt, sondern – in der Deutschschweiz oft verkannt – auch ein bedeutender Agrarkanton. Genf ist ein Vorreiterkanton für die lokale Produktion und regionale Vermarktung.
Und es ist «la République et le Canton de Genève», welche die GRÜNEN im Herbst 2019 zur grössten Partei wählte, mit fast 25 Prozent Wähler*innenanteil, voilà l’ambition… Wir sind etwas bescheidener auf gesamtschweizerischer Ebene: Wir wollen die drittstärkste Partei werden in diesem Land – aber Genf bleibt natürlich das Vorbild, «l’exemple à suivre»!
Genf ist auch ökologisch und klimapolitisch ein Vorbild. Ein Vorbild, wie man die regionale Landwirtschaft stärkt, den öffentlichen Verkehr ausbaut – sogar über die eigenen Landesgrenzen hinweg – und wie man Kreislaufwirtschaft ganz konkret umsetzt. Genf zeigt, wie es auch anderswo gehen könnte. Besonders beeindruckt mich das Programm Eco21 der «Services Industriels de Genève», das zeigt, wie man mit einer Effizienzoffensive die Energieverschwendung massiv reduzieren kann…. Im Kanton Genf werden dank Eco21 jedes Jahr 205 Gigawattstunden weniger Strom verbraucht – auf die ganze Schweiz umgerechnet wäre das ein Potential von mehreren Terawattstunden.
Ja, Genf ist ein grünes Vorbild – dank vorbildlichen Genfer GRÜNEN – Félicitations!
Ich freue mich deshalb sehr, dieses Wahljahr hier und heute mit euch zusammen in Genf zu eröffnen.
Eröffnen möchte ich es mit einer Erfolgsgeschichte – dem Klimaschutzgesetz als indirektem Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Zu dem wir – ich brauche kein Prophet dafür zu sein – heute mit überwältigendem Mehr die Ja-Parole beschliessen werden. Schliesslich haben wir GRÜNE dieses Projekt von Anfang an begleitet, mal formeller, mal informeller. Ich erinnere mich an unzählige Sitzungen mit Fachmenschen und brütend über juristischen Fragen. An die Gründung des Unterstützungsvereins beim schmelzenden Steingletscher südlich vom Sustenpass. Ich habe euch davon erzählt, an der letzten DV, wie ich von Anfang an dabei war.
Der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative ist eine Erfolgsgeschichte. Eine Erfolgsgeschichte, die zeigt, wie erfolgreiche grüne Politik geht: Zusammen mit der Zivilgesellschaft. Wir GRÜNE sind eine Partei der sozialen Bewegungen, eine Bewegungspartei. Und unser Ziel ist, dass der gesellschaftliche Wandel auch in der Politik ankommt.
Es gibt ja diesen Spruch: «Machen ist wie wollen, nur krasser». Ich sehe ihn immer auf dem Laptop-Deckel unseres grünen Nationalrats und Ständeratskandidaten Gerhard Andrey. Es ist ein gutes, ein überzeugendes Motto. Und es gilt: Für die Klimapolitik, für die Europapolitik. Überall dort, wo es endlich vorwärtsgehen müsste. Wir wissen alle: Wir sind in der Krise – nun müssen wir handeln. Genau das ist unsere Aufgabe als GRÜNE.
Die Pisten ohne Schnee, die Rekordtemperaturen im letzten Sommer, et j’en passe. Wir wissen es alle: Unser Haus steht in Flammen. Il n’est plus l’heure de crier «au feu», mais bien l’heure d’aller éteindre l’incendie ! Nous avons les solutions pour le faire : économiser de l’énergie, sortir des énergies fossiles, construire du solaire.
Und genau auf dieses Ziel hin haben wir GRÜNEN einen grossen Schritt geschafft, dank der Gletscher-Initiative: Im Parlament konnten wir Mehrheiten schaffen für einen Gegenvorschlag dazu, für das Klimaschutzgesetz, das ambitionierte Klimaziele im Gesetz verankert, konkrete CO2-Absenkpfade verlangt und 2 Milliarden freimacht für Investitionen in die Energieeffizienz und in den Ersatz von fossilen Heizungen.
Und das Wichtigste, car il est urgent: Das Klimaschutzgesetz ist sofort wirksam, sobald es nach der Volksabstimmung in Kraft tritt. Das ist eine wichtige Errungenschaft. Ihr erinnert euch vielleicht: Der Bundesrat wollte zwar einen Gegenvorschlag, aber eben nur auf Verfassungsebene. Das heisst: Es wären nochmals ganze zwei oder drei Jahre ins Land gezogen, selbst nach einem Ja von Volk und Ständen, bis endlich konkrete Klimaziele festgeschrieben worden wären. Wertvolle Zeit! Es waren massgeblich wir GRÜNE, die den indirekten Gegenvorschlag aufgegleist haben und damit den Initiant*innen, dazu gehöre ich auch selbst, ermöglichten, ihre Initiative zurückzuziehen.
So sehe ich uns GRÜNE. Als Kraft für zukunftsfähige Lösungen, als krasse Macher*innen, als Brückenbauer*innen zwischen Zivilgesellschaft und Politik.
Aber: Wir sind noch nicht über der Ziellinie. Die SVP – l’UDC, l’Union des carburants – sagt, wie könnte es auch anders sein, mal wieder Nein. Mit einem Referendum und einer Argumentation, wie sie verdrehter nicht sein könnte. Bei der SVP wird das Klimaschutz- zum Stromfresser-Gesetz – wider aller Fakten und besseren Wissens. Denn: Das Klimaschutzgesetz ist genau das Gegenteil eines Stromfressergesetzes. Es ist ein Stromspargesetz. Es unterstützt den Ersatz von stromfressenden, veralteten Elektroheizungen und Elektroboilern durch neue, klimafreundliche Technologien und reduziert so die Stromverschwendung jedes Jahr um 4 TWh, mehr als die Hälfte davon im Winter. Genau dann also, wenn die sogenannte «Stromlücke» Thema ist. Die Stromlücke, das zeigt sich hier, ist vor allem auch eine Effizienzlücke. Mit dem Klimaschutzgesetz schliessen wir sie!
Wir GRÜNE, wir werden uns einsetzen gegen die fossile SVP, die «Union des carburants», ob mit oder gegen Rösti… und damit die Klimaziele, das Klimaschutz-Gesetz zum Erfolg bringen. In der wichtigsten Abstimmung in unserem Kernbereich, unserer DNA, in diesem Jahr. Und dann den Schwung mitnehmen für die Zielgerade, die Wahlen 2023!
Visionen in konkrete Lösungen verwandeln. Für «eine gerechte und glückliche Gesellschaft.» Das zeichnet uns aus: Wir GRÜNE haben ein Ziel vor Augen und Ideale, für die es sich zu kämpfen lohnt. Wir sind die Partei der Hoffnung, aber auch der Lösungen… Im Gegensatz zur Partei der Angstmacherei und des konservativen Rückschritts, zur Partei Marco Chiesas, des Reiters der Apokalypse, der die Schweiz auf dem Weg in Dunkelheit, Armut und Tod schwarzmalt.
Der grösste Irrtum der Bürgerlichen, allen voran der SVP, ist: Sie meinen, wenn wir nichts tun gegen die Klimakrise, wenn wir weiter machen wie bisher, dann bleibt auch alles einfach so wie bisher. Aber das stimmt nicht:
«Wenn alles so bleibt, wie es ist, wird nichts so bleiben, wie es ist.»
Zum Glück aber existieren die Lösungen für eine grünere, eine gerechtere, eine glücklichere Zukunft. Und zum Glück gibt es Menschen wie euch, Menschen, die sich dafür so richtig ins Zeug legen. Gemeinsam meistern wir diesen Aufbruch!
Nicht die Lösungen sind es, die heute fehlen, sondern die politischen Mehrheiten dafür! Und genau, um das zu ändern, gehen wir mit Elan in dieses Wahljahr: Damit wir GRÜNE 2023 nochmals stärker werden, damit wir die konservative Blockade durchbrechen, Brücken bauen, Klimaallianzen bilden, Lösungen voranbringen können.
Auch wenn wir dafür manchmal Kompromisse eingehen müssen: Unser Ziel verlieren wir nicht aus den Augen. Eine gerechte und glückliche Gesellschaft innerhalb der planetaren Grenzen, wie WIR es in unserer Agenda 2023-2027 festgeschrieben haben – und ich betone: WIR.
Denn wir sind die Partei des «Wir». Nicht wie die SVP, die immer noch nach der Pfeife aus Herrliberg tanzt.
Wir GRÜNE haben die Agenda 2023-2027, unser Wahlprogramm, unsere Richtschnur für die kommenden Jahre, gemeinsam mit unserer grossen Fraktion entworfen und dann zusammen, in einer schweizerischen Premiere, in einer öffentlichen Mitglieder-Vernehmlassung, weitergeschrieben. Wir sind immer noch daran, hunderte haben sich beteiligt, mit insgesamt 1’200 Vorschlägen – darauf bin ich stolz. Präsident einer lebendigen Partei, zu sein. Einer Bewegung, die den Wandel vorantreibt!
Unsere Grüne Agenda 2023-2027 nimmt Mass an den planetaren Grenzen und der globalen Gerechtigkeit. Und sie enthält ganz konkrete Lösungen, wie die Schweiz, wie wir unserer Verantwortung gerecht werden können.
Es ist eine Agenda der Hoffnung, eine Agenda des Wandels, eine Agenda, welche Klimagerechtigkeit und den Schutz der biologischen Vielfalt als DIE Herausforderungen unserer Generation anerkennt und annimmt.
Ja, in unserer Grünen Agenda denken wir Klima und Biodiversität zusammen – gerade im Wissen darum, dass das Thema Biodiversität noch längst nicht die Aufmerksamkeit, die Dringlichkeit hat, die es unbedingt braucht. Hier geht etwas. Zumindest auf internationaler Ebene sind nun Leitplanken gesetzt: 30 Prozent der weltweiten Land-, Süsswasser- und Meeresökosysteme sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden. Das wurde letzten Dezember an der Biodiversitätskonferenz in Montréal beschlossen.
Aber: Vom Pariser Klimaabkommen 2015 bis zum Klimaschutzgesetz 2023 ging es lange 8 Jahre, fast ein Jahrzehnt. Bei der Biodiversität muss es schneller gehen – handeln tut Not!
Die Hälfte unserer Lebensräume sind bedroht, ein Drittel unserer Arten. 60 Prozent der Insekten sind gefährdet und 50 Prozent der Trockenwiesen sind im letzten Jahrhundert verschwunden. Die Biodiversität ist in unseren Städten mittlerweile deutlich höher als auf dem Land. Ein erschreckender Befund: Die Agrarwüste wächst.
2023 wird ein Schlüsseljahr, fürs Klima, für die Biodiversität, für grüne Lösungen und grüne Politik.
Zu viele zögern heute noch, zu viele fürchten den Wandel. Ihnen rufe ich mit einem Wort des Philosophen Seneca zu: «Nicht, weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.» Das alte Wort ist treffend, auch und gerade heute.
Machen wir es wie Genf, machen wir es wie die GRÜNEN Genf: Werden wir zur grossen Kraft des grünen Aufbruchs. In der ganzen Schweiz. Dans toute la Suisse. In tutta la Svizzera. Ich freue mich, den Aufbruch gemeinsam mit euch anzupacken. Gewinnen wir die Wahlen 23!
Let’s win this!