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Inhalt

Genderneutrale Sprache
Einleitung
Wofür wir uns einsetzen

  1. Die GRÜNEN sind die Partei der Umwelt
    1. Für die Umsetzung des Klimaabkommens von Paris
    2. Für die Beschleunigung der grünen Energiewende
    3. Für eine umweltgerechte und menschenfreundliche Mobilität
    4. Für den Schutz der Natur und den Erhalt der Biodiversität
    5. Für eine haushälterische Bodennutzung und eine konsequente Raumplanung
  2. Die GRÜNEN sind die Partei für eine Wirtschaft mit Zukunft
    1. Für eine grüne Wirtschaft ohne Altlasten und Abfallberge
    2. Für gesunde Nahrungsmittel und eine ökologische Landwirtschaft
    3. Für faire Arbeitsbedingungen und Einkommen im Zeitalter der Digitalisierung
    4. Für einen starken Service Public und eine gerechte Steuerpolitik
    5. Für einen starken Konsument*innenschutz und fairen Wettbewerb
  3. Die GRÜNEN sind die Partei der Vielfalt und der Lebensqualität
    1. Für digitale Bürger*innenrechte und konsequenten Datenschutz
    2. Für Medienvielfalt, demokratische Öffnung und Transparenz
    3. Für lebendige Quartiere und bezahlbare Wohnungen in Städten und Agglomerationen
    4. Für neue Perspektiven in den Berggebieten
  4. Die GRÜNEN sind die Partei der sozialen Gerechtigkeit und der Chancengleichhheit
    1. Für soziale Sicherheit in allen Lebenslagen und eine moderne Familienpolitik
    2. Für eine sozial finanzierte Gesundheitsversorgung
    3. Für die Gleichstellung von Frau und Mann und mehr Gendergerechtigkeit
    4. Für den breiten Zugang zu Bildung, Ausbildung und Kultur
    5. Für eine Demokratie ohne Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus
  5. Die GRÜNEN sind die Partei der Offenheit und der Menschenrechte
    1. Für eine gute Nachbarschaft mit Europa und der Welt
    2. Für Friedenspolitik und Abrüstung
    3. Für fairen Handel und Rechte ohne Grenzen
    4. Für eine menschenwürdige Migrations- und Asylpolitik

Genderneutrale Sprache

Sprache beeinflusst unser Denken und unsere Wahrnehmung – sie bildet die Gesellschaft nicht nur ab, sondern formt sie auch mit. Daher ist es uns wichtig, in unseren Texten eine gendergerechte Sprache zu verwenden. Damit alle Menschen gleichermassen genannt und damit auch mitgedacht werden, verwenden wir in unseren Texten den Gender-Stern. Damit bringen wir zum Ausdruck, dass wir alle – Transsexuelle, Transgender und intersexuelle Personen, Frauen und Männer – mitmeinen und geben den verschiedenen Identitäten Raum.

Einleitung

Die Schweiz braucht mehr grüne Politik. Grüne Politik für die Umwelt, für das Klima, für eine nachhaltige Wirtschaft und für soziale Gerechtigkeit in der Schweiz und in der Welt. Die nationalen Wahlen vom 20. Oktober 2019 sind dafür eine zentrale Weichenstellung. Wir GRÜNE wollen darum im National- und Ständerat mindestens vier Sitze hinzugewinnen und unseren Einfluss ausbauen.

Die GRÜNEN sind die fünftstärkste Partei in der Schweiz und haben in ihrer 36-jährigen Geschichte viel bewegt. Unsere Themen sind mitten in der Gesellschaft angekommen. Die GRÜNEN haben den Atomausstieg und die Energiewende mehrheitsfähig gemacht. 2019 wird der erste Atommeiler im bernischen Mühleberg abgestellt. Gentechfreie Landwirtschaft oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind grüne Errungenschaften, genauso wie eingetragene Partnerschaften, Verkehrsverlagerung und Tempo 30 in Wohnquartieren. Ohne GRÜNE wäre die Schweiz mit bewaffneten Missionen in Afghanistan unterwegs und hätte 22 überflüssige Kampfflugzeuge beschafft.

Wir GRÜNE haben die Schweiz, wie sie heute ist, als Impulsgeberin vorangebracht. Doch wir können uns mit dem Erreichten nicht zufrieden geben. Die Welt, in der wir uns bewegen, verändert sich rasant. Das gilt für die Arbeitswelt, wo Globalisierung, Flexibilisierung und Digitalisierung neue Unsicherheiten schaffen. Das gilt für Politik und Gesellschaft, wo hemmungsloser Populismus, Entsolidarisierung, Angriffe auf Demokratie und Menschenrechte um sich greifen. Und das gilt insbesondere auch für den Klimawandel, der immer schneller voranschreitet, und für die Biodiversität, die zusehends und irreversibel verloren geht.

Wohlstand wird heute oft mit Reichtum und unbegrenztem Wachstum verwechselt. Für uns GRÜNE zählen andere Werte. Wir wollen die knappen Ressourcen auch für die künftigen Generationen sichern, indem wir genügsamer leben. Und wir setzen uns für mehr Lebensqualität im Alltag, für gesunde Lebensmittel und unsere einzigartigen Landschaften ein.

Die traditionellen Volksparteien sind weltweit in der Krise und werden von populistischen Bewegungen überrollt. Diese stellen zunehmend die Werte und Spielregeln der modernen, freiheitlichen Demokratie und Gewaltenteilung in Frage. Ihre antiliberale Politik wird von der wachsenden Ungleichheit genährt. Auch die Schweiz ist seit dem Rechtsrutsch vom Oktober 2015 mit zwei Geschwindigkeiten unterwegs. Bildungschancen, Löhne, Vermögen und Einfluss sind höchst ungleich verteilt. Wir GRÜNE können den sozialen Graben in der Gesellschaft nicht akzeptieren. Wir fordern gerechte Steuern, faire Löhne und tragfähige Sicherungsnetze, so dass alle Menschen in Würde leben können.

Die GRÜNEN sind für Menschen in ganz Europa zur Hoffnungsträgerin für eine lebenswerte Zukunft geworden. Sie stehen für den Schutz der natürlichen Lebengrundlagen genauso wie für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Offenheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit. Diese Kraft gilt es auch bei den nationalen Wahlen 2019 zu stärken, als Bollwerk gegen den Rechtspopulismus, gegen Klimaskeptiker*innen und gegen die Durchsetzung des Rechts der Starken und der Skrupellosen weltweit.

Die GRÜNEN sind heute die einzige Partei, die Umweltfragen konsequent mit sozialen Fragen und den liberalen Grundrechten verbindet. Wir leben nach dem Motto «Taten statt Worte». Die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Durchsetzung der Rechte aller Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität (LGBTIQ*) sowie die Zusammenarbeit mit Menschen aus verschiedensten Ländern sind bei uns eine Selbstverständlichkeit.

Wir GRÜNE lassen uns nicht kaufen von den Versicherungen, Banken und anderen mächtigen Interessenvertretern, welche die Politik in Bern bestimmen. Umso mehr arbeiten wir mit der Bevölkerung, mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, mit den Umweltverbänden, mit Kulturschaffenden und Bewegungen, mit Gewerkschaften und umweltbewussten Firmen zusammen. Bündnisfähigkeit ist eine unserer grossen Stärken. Die GRÜNEN sind aber auch initiativ- und referendumsfähig und setzen sich in zahlreichen Gemeinden und Kantonen in Parlamenten, Regierungen und Kommissionen für die Anliegen der Bevölkerung ein. Und wenn diese institutionellen Mittel nicht ausreichen, sind die GRÜNEN auch auf der Strasse, am Frauenstreik, an Kundgebungen gegen Rassismus, gegen Atomkraftwerke und gegen Sozialabbau, für Klimaschutz, Geflüchtete und Menschenrechte.

Wir GRÜNE sind Teil einer globalen Bewegung: Mit den Global Greens und den europäischen Schwesterparteien treiben wir auch den weltweiten Klimaschutz, die Energiewende und eine soziale und solidarische Kreislaufwirtschaft voran. Gemeinsam kämpfen wir gegen Freihandelsverträge, welche die Menschenrechte, den Tierschutz oder den Service Public auf dem Altar der Profite opfern wollen. Gemeinsam setzen wir uns für steuergerechte Finanz- und Rohstoffmärkte, eine menschliche Asylpolitik und für weltweite Abrüstung ein. Wer grün wählt, wählt ein Netzwerk von engagierten Menschen. Wer grün wählt, wählt eine Schweiz, die Zukunft hat.

Regula Rytz, Balthasar Glättli, Lisa Mazzone, Regula Tschanz

Wofür wir uns einsetzen

Die GRÜNEN sind die kompetente und konsequente Umweltpartei. Die GRÜNEN sind aber auch die Partei der liberalen Grundrechte, der sozialen Verantwortung und der Lebensqualität. Die Erfahrung zeigt: Je stärker die GRÜNEN im Parlament sind, desto grüner geben sich auch die anderen Parteien. Wer grün wählt, hat Wirkung.

Diese Wahlplattform zeigt, wo wir in der Legislatur 2019-2023 unsere Schwerpunkte setzen. Uns ist bewusst: Unsere Forderungen sind ehrgeizig und konsequent. Als Partei mit Kopf, Herz und Rückgrat gehen wir voraus. Wir suchen nach mehrheitsfähigen Lösungen, die uns vorwärts bringen.

1. Die GRÜNEN sind die Partei der Umwelt

Die Sicherung der Lebensgrundlagen ist die zentrale Aufgabe der grünen Politik. Schon heute sind diese durch den Klimawandel, den Verlust an Biodiversität, die Einträge von Stickstoff und Phosphor in die Biosphäre und die Landnutzung bedroht. Für die grüne Energiewende und für eine zukunftsverträgliche Wirtschafts-, Siedlungs- und Verkehrspolitik müssen wir die Weichen jetzt stellen. Dazu gibt es kein alleinseligmachendes Wundermittel. Sondern eine Kombination von Massnahmen und Lösungen, die uns weiterbringen. Persönliches Engagement, politische Leitplanken und verantwortungsvolle Unternehmer*innen sind nötig, um den kommenden Generationen eine lebenswerte Zukunft zu sichern. Wenn wir jetzt rasch und mutig handeln, wird aus den nötigen Veränderungen eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Chance.

1.1 Für die Umsetzung des Klimaabkommens von Paris

Wir sind die erste Generation, welche die Folgen der Klimakrise zu spüren bekommt. Und die letzte, die noch etwas ändern kann. Gletscherschmelze, Dürren sowie die Zunahme von Temperatur- und Wetterextremen belegen, dass nicht mehr viel Zeit bleibt, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens umzusetzen. Gemäss der Wissenschaft muss die Klimaerhitzung auf 1,5 Grad begrenzt werden, um das Risiko von unkontrollierbaren, irreversiblen und gefährlichen Entwicklungen einzudämmen. Die Schweiz ist vom Klimawandel besonders stark betroffen. Durch den Finanzplatz und die hier ansässigen multinationalen Konzerne ist sie aber auch stark für ihn verantwortlich. Sie muss sich an international koordinierten Massnahmen beteiligen und selbst mit Pioniergeist vorangehen. Kein Land hat bessere Voraussetzungen als wir. Innovative Hochschulen und Cleantech-Unternehmen bringen die Veränderung voran. Mit dem Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle lindern wir nicht nur die Klimakrise, sondern auch die Abhängigkeit von Energie-Importen. Arbeitsplätze und Wertschöpfung bleiben hier.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • die von den GRÜNEN mitgetragene Gletscher-Initiative angenommen wird, die den fossilen CO2-Ausstoss bis 2050 auf Null senken will, um die Verpflichtungen des Klimaabkommens von Paris verbindlich umzusetzen. Die Schweiz sollte sich darüber hinaus am ehrgeizigen Ziel der Klimastreik-Bewegung orientieren, bis 2030 im Inland Netto 0 Treibhausgasemissionen auszustossen.
  • rechtliche Wege gestärkt und geschaffen werden, um gegen den Klimawandel vorzugehen und den Bund zum Schutz der Bevölkerung zu verpflichten.
  • ein CO2-Gesetz verabschiedet wird mit dem Ziel, den CO2-Ausstoss im Inland bis 2030 um mindestens 60 Prozent zu senken.
  • ein verbindlicher Ausstiegsplan aus fossiler Technologie festgelegt wird: ab sofort keine neuen fossilen Heizungen und keine neuen Strassenkapazitäten, ab 2025 keine neuen fossil betriebenen Personenwagen und ab 2030 keine neuen fossil betriebenen Industrieanlagen mehr. Der CO2-Ausstoss bestehender Industrieanlagen muss voll kompensiert werden.
  • der Finanzplatz das Klima schont und sich bis 2030 schrittweise aus den Investitionen in fossile Energien zurückzieht.
  • die CO2-Abgabe auf Brennstoffe erhöht wird, zur Sicherung und zum Ausbau des Gebäudesanierungsprogramms.
  • Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel verursachergerecht finanziert werden und dass hierfür eine Klimaabgabe auf Benzin, Diesel und Kerosin (Klima-10-Räppler) eingeführt wird.
  • der grüne Aktionsplan für erneuerbare Elektromobilität mit dem Ziel «Nullemissionen bis 2050» umgesetzt wird.
  • der in- und ausländische Flugverkehr insbesondere auf Strecken mit angemessenen Zugverbindungen reduziert, Nachtflugsperren verlängert, eine Flugticket-Abgabe zur Förderung des nachhaltigen Tourismus und eine CO2-Abgabe auf Kerosin eingeführt werden.
  • die im Ausland entstandenen grauen Treibhausgasemissionen von Importprodukten reduziert werden. Das soll mittels einer CO2-Abgabe auf importierten Emissionen, optimierten Produktionsprozessen, Massnahmen gegen das Abholzen von Regenwäldern, einem ökologischen öffentlichen Beschaffungswesen sowie Stromimporten aus erneuerbaren Energien geschehen.
  • die durch die Landwirtschaft und Ernährung verursachten CO2-Emissionen reduziert werden. Das soll insbesondere anhand der Verminderung von Food Waste geschehen, aber auch, indem Subventionen zur Förderung des Fleischkonsums gestoppt werden.
  • die einheimische und nachwachsende Ressource Holz stärker genutzt wird durch konstruktiven Holzbau und auch energetisch.

1.2 Für die Beschleunigung der grünen Energiewende

Rund 80 Prozent des Energiebedarfs in der Schweiz werden aus fossilen oder atomaren Quellen gedeckt. 13 Milliarden Franken fliessen jährlich in die Taschen der globalen Energiemultis. Mit der Atomausstiegsinitiative (46 Prozent Ja-Stimmen) haben die GRÜNEN den Weg für die Energiestrategie 2050 geebnet. Doch die Umsetzung stockt. Bei der Atomenergie hat der Bundesrat sogar den Rückwärtsgang eingeschaltet. Mit der Wiederinbetriebnahme des ältesten AKW der Welt, Beznau 1, und der Schwächung der Sicherheitsvorschriften bricht er sein Atomausstiegsversprechen. Und legt allen Unternehmungen Steine in den Weg, die mit der grünen Energiewende lokale Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen wollen. Das muss sich ändern.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • die erste Etappe der Energiestrategie 2050 rasch umgesetzt wird. Die aktuelle Blockade bei der Photovoltaik muss aufgehoben und die Warteliste abgebaut werden. Ein jährlicher Zubau von 800 MW/Jahr muss erreicht werden.
  • eine zweite Etappe der Energiestrategie 2050 erarbeitet wird. Mit dem Ziel, die Schweiz dank raschem Atomausstieg und der vollständigen Dekarbonisierung des Energiebereichs spätestens ab 2050 mit 100 Prozent erneuerbarer Energie zu versorgen. Auch muss eine bevölkerungsverträgliche Lösung bezüglich Atomendlager gefunden werden.
  • erhöhte Sicherheitsanforderungen für die Schlussphase und die Stilllegung von AKW durchgesetzt werden. Die Unabhängigkeit der Atomaufsicht muss durch den Einbezug von internationalen Expert*innen und die Ernennung von unabhängigen, kritischen Persönlichkeiten an die Spitzen des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI und der Kommission für nukleare Sicherheit KNS endlich durchgesetzt werden.
  • ein verbindlicher Ausstiegsplan aus der Atomenergie zu mehr Investitionssicherheit für die Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen sorgt. Die AKW Bez­nau 1 und 2 müssen wegen inakzeptabler Sicherheitsrisiken umgehend und endgültig ausser Betrieb genommen werden.
  • sich die Verursacher*innen (Energieunternehmen und Konsument*innen) angemessen an der schnellstmöglichen Stilllegung und Entsorgung der Atomenergieanlagen beteiligen.
  • die volle Risikohaftung für Atomkraftwerke während und nach der Betriebsdauer sowie für Zwischen- und Endlagerstätten durchgesetzt wird.
  • intelligente Stromnetze die dezentrale Stromproduktion steuern und den sparsamen Verbrauch fördern. Dabei haben der Datenschutz und die Gleichbehandlung der Kund*innen hohe Bedeutung.
  • Umweltanliegen wie Landschaftsschutz, Lärmschutz, Gewässerschutz oder Biodiversitätserhalt bei der Genehmigung von Anlagen zur Produktion und Verteilung erneuerbarer Energie berücksichtigt werden.

1.3 Für eine umweltgerechte und menschenfreundliche Mobilität

Die grüne Verkehrspolitik ist ein Schlüssel zu mehr Lebensqualität und Umweltschutz. Wir wollen Verkehr vermeiden, auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagern sowie landschaftsschonend und quartierverträglich gestalten. Trotz vieler Erfolge sind wir noch lange nicht am Ziel. Über 30 Prozent der Treibhausgase und des Energiekonsums gehen auf den motorisierten Verkehr zurück. Lärm und Luftverschmutzung belasten die Gesundheit. Durch ungebrochenes Wachstum stösst der Verkehr zunehmend an die Grenzen der Kapazitäten, der Finanzierbarkeit und der Akzeptanz. Anstatt immer mehr Geld in den Ausbau zu stecken und wertvolles Kulturland zu opfern, wollen die GRÜNEN den Verkehr reduzieren und intelligent lenken. Die Digitalisierung öffnet dabei neue Perspektiven. Die GRÜNEN sehen aber auch Risiken (Uber statt öffentlicher Verkehr). Wir fordern bessere Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Mobilitätsentwicklung und differenzierte Lösungen für Stadt und Land.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • die Verkehrspolitik auf Ganzheitlichkeit setzt: Sie muss die Potenziale der Raumplanung, des Verkehrsmanagements, der Arbeitsorganisation, der Preislenkung und der Technik zugunsten einer klima- und menschenfreundlichen Mobilität nutzen.
  • die Agglomerationsprogramme im neuen Nationalstrassenfonds NAF gestärkt werden. Die Hälfte der NAF-Gelder soll in die Verkehrsverlagerung fliessen.
  • der Bundesbeschluss Velo rasch umgesetzt wird. Das Velo muss als Verkehrsmittel insbesondere in Städten und Agglomerationen prioritär werden.
  • keine neuen Nationalstrassen mehr gebaut werden.
  • das Verursacherprinzip durch die Einführung von Road Pricing gestärkt wird. Dieses soll in stark belasteten Städten und Agglomerationen das Umsteigen auf umweltfreundliche Verkehrsmittel (ÖV, Velo, Fussverkehr) fördern.
  • die Gemeinden in der Verkehrspolitik in ihrer Autonomie gestärkt werden, damit sie im Sinne ihrer Bevölkerung Verkehrsberuhigungen durchführen können.
  • Verkehrsflächen für den Autoverkehr reduziert und zum Ausbau von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln (ÖV, Velo, Fussverkehr) genutzt werden, um in stark belasteten Städten und Agglomerationen das Umsteigen auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu fördern.
  • das ÖV-Preissystem reformiert wird: Die ÖV-Preise sollen sozial- und familienverträglich sein und die Spitzenbelastungen der Infrastrukturen vermindern helfen.
  • die finanziellen Mittel für den öffentlichen Regionalverkehr gesichert werden.
  • der internationale Bahnfernverkehr mit attraktiven Direkt- und Nachtverbindungen in alle europäischen Hauptstädte als Alternative zum Fliegen gefördert wird.
  • klare Zielvorgaben für die Digitalisierung der Mobilität festgelegt werden. Denn diese muss den Menschen und der Umwelt dienen und darf nicht noch mehr Verkehr oder Profit erzeugen.
  • die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schienen im Sinne der Alpen-Initiative und die Trassensicherung für den Güterverkehr auf dem gesamten Schienennetz durchgesetzt werden.

1.4 Für den Schutz der Natur und den Erhalt der Biodiversität

Eine hochwertige Boden-, Wald-, Luft- und Wasserqualität bildet die Grundlage für unsere Gesundheit und die Artenvielfalt. Das labile Ökosystem muss vor Übernutzung und Gefährdung geschützt werden. Dank der GRÜNEN wurde eine nationale Biodiversitätsstrategie entwickelt. Doch die neuen Spielregeln wirken nur, wenn sie auch umgesetzt werden. Hier gibt es empfindliche Lücken. Schutzgebiete, insbesondere Moore, Auen, Trockenwiesen und Amphibienlaichgebiete werden zunehmend bedrängt. Nicht allein die Bienen, sondern auch viele andere Insektenarten sind bedroht. Umweltgifte und Mikroplastik schädigen die Natur. Die GRÜNEN wollen das kurzsichtige Denken überwinden. Die Schweiz war beim Wald- und Gewässerschutz, beim Verbot von Phosphat oder mit der Einführung des Katalysators eine Pionierin des globalen Umweltschutzes. Sie soll es wieder werden.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • die von den GRÜNEN initiierte Strategie Biodiversität Schweiz und der zugehörige Aktionsplan mit griffigen Instrumenten und ausreichenden finanziellen und personellen Mitteln bei Bund und Kantonen umgesetzt werden.
  • das Ziel der Volksinitiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung» erreicht wird. Der Einsatz von Pestiziden muss durch die Stärkung der ökologischen Landwirtschaft und eine Lenkungsabgabe rasch eingeschränkt werden. Besonders gefährliche Pflanzenschutzmittel wie Glyphosat oder Neonicotinoide sind sofort aus dem Verkehr zu ziehen.
  • die reduzierten Mehrwertsteuersätze auf Pflanzenschutzmitteln aufgehoben und die Grenzwerte für Umweltgifte in der Gewässerschutzverordnung gesenkt werden.
  • der Aktionsplan Bienengesundheit rasch umgesetzt wird.
  • die Biodiversität auf Landwirtschaftsflächen wieder zunimmt und Biodiversitäts- und Vernetzungsbeiträge nur noch für Massnahmen ausbezahlt werden, welche die Biodiversität nachweislich schützen.
  • die Gewässer rascher renaturiert und ökologisch aufgewertet und Synergien mit Hochwasserschutz- und Raumplanungsmassnahmen genutzt werden.
  • bestehende Naturschutzgebiete vernetzt und ausgeweitet werden und ein konfliktarmes Nebeneinander von Grossraubtieren und Menschen im grenzüberschreitenden Alpenraum gefördert wird. Bedrohte Arten wie Luchs, Wolf, Bär und Biber sollen in überlebensfähigen Populationen erhalten werden.
  • die Neobiota-Strategie des Bundes (Bekämpfung von gebietsfremden Arten, welche hiesige Artenvielfalt und Ökosysteme bedrohen) rasch umgesetzt wird.
  • wir auf umweltschädigende Produktions- und Verpackungsmaterialien (Giftstoffe, Plastiksäcke, Einweggebinde usw.) verzichten und diese durch umweltverträgliche Materialien ersetzen. Eine Zero-Waste-Strategie, die insbesondere den Plastik-Eintrag in die Umwelt stoppt, soll entwickelt und umgesetzt werden.
  • die Gefahren neuer Technologien wie zum Beispiel der Nanotechnologie im Sinne des Vorsorgeprinzips erforscht und deren Risiken abgeschätzt und daraus Konsequenzen gezogen werden.
  • die Lichtverschmutzung ebenso bekämpft wird wie die Luft- oder die Lärmverschmutzung

1.5 Für eine haushälterische Bodennutzung und eine konsequente Raumplanung

Die Schweiz wird zugebaut: Fast ein Quadratmeter Grünfläche pro Sekunde verschwindet unter Strassen, Einkaufszentren, Parkplätzen und Gebäuden. Täglich gehen elf Hektare Kulturland verloren. Um die Zersiedelung zu stoppen, setzen sich die GRÜNEN an vorderster Stelle für den Schutz der Landschaft und des Kulturlandes ein. Wir wollen den knappen Boden besser schützen und in den Agglomerationen eine kompakte, familien- und generationenfreundliche Siedlungsentwicklung fördern. Wir kämpfen gegen Rückschritte beim Natur- und Heimatschutz und wollen die nächste Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes grün prägen.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • das revidierte Raumplanungsgesetz (erster Teil) aufgrund von realistischen Bevölkerungsszenarien umgesetzt wird.
  • der Kulturlandschutz gestärkt, die Bodenqualität verbessert, Bauland und Nichtbauland getrennt werden. Und dass das Bauen ausserhalb der Bauzone im zweiten Teil der Revision des Raumplanungsgesetzes eingeschränkt wird.
  • eine politische Mehrheit zur Volksinitiative für einen Stopp des Baubooms in Nichtbaugebieten gefunden wird.
  • die Lex Weber (Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative) strikt angewandt wird.
  • die Lex Koller als Massnahme gegen Bodenspekulation mit ausländischem Kapital verschärft wird. Auch Gewerbeliegenschaften und Immobiliengesellschaften sollen unter die Lex Koller fallen.
  • das Know-How über Bau-Qualität und Bau-Kultur für verdichtetes Bauen in der Fachausbildung und bei den zuständigen Gemeindebehörden ausgebaut wird. Ein besonderes Gewicht soll dabei auch auf das Wissen über den einheimischen Baustoff Holz gelegt werden.
  • die Bundesunterstützung für Modellvorhaben zur nachhaltigen Raumentwicklung und für nachhaltige Quartiere weitergeführt wird. Gefördert werden sollen innovative Ansätze für die Siedlungsentwicklung nach innen, die Freiraumentwicklung in den Agglomerationen, die Förderung von preisgünstigem, sozial durchmischtem Wohnraum und von Ökoquartieren.
  • Grünflächen, Freiräume und urbane Gartenareale in Städten und Agglomerationen erhalten und vergrössert werden.
  • eine weitere Aufweichung des Natur- und Heimatschutzes und eine weitere Schwächung des Verbandsbeschwerderechts verhindert werden.
  • Naturschutzgebiete und Naturpärke gefördert werden und eine Strategie für den Erhalt von Wildnisgebieten in der Schweiz erarbeitet wird

2. Die GRÜNEN sind die Partei für eine Wirtschaft mit Zukunft

Wir GRÜNE wollen einen grundlegenden Wandel in der Wirtschaftspolitik. Die Wirtschaft muss den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Dazu braucht es einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen, so wie ihn die Initiative für eine Grüne Wirtschaft forderte. Weil natürliche Produktionsfaktoren knapp werden und das Wirtschaftswachstum an Grenzen stösst, müssen Rohstoffe, Arbeit, Lohn, Vermögen, Produktivitätsgewinne und Steuerlasten gerecht verteilt werden – in der Schweiz und auch global. Die GRÜNEN treiben die Transformation zu einer sozialen und ökologischen Kreislaufwirtschaft mit verantwortungsbewussten Bürger*innen, Unternehmen und Sozialpartnern voran, damit sie zu einer Chance für alle wird.

2.1 Für eine grüne Wirtschaft ohne Altlasten und Abfallberge

Die Schweiz nimmt heute einen unrühmlichen Spitzenplatz bei der Produktion von Siedlungsabfall und Elektroschrott ein. Und sie ist wie kaum ein anderes Land auf Energie- und Rohstoffe aus anderen Ländern angewiesen. Kein Wunder fallen 73 Prozent der Schweizer Umweltbelastung heute im Ausland an. Weitsichtige Unternehmen zeigen, dass es auch ohne Verschwendung geht: Durch kluge Planung und intelligente Prozesse (Kreislaufwirtschaft) werden Natur und Budget geschont. Internationale Normen und die Revision des Beschaffungsrechts sorgen dafür, dass der Schutz der Umwelt zu einem Wettbewerbsvorteil wird. Die GRÜNEN sind überzeugt: Nur mit einer umweltverträglichen, global verantwortungsvollen Wirtschaft kann die Schweiz langfristig lokale Arbeitsplätze und Wohlstand sichern. Die Wirtschaft braucht die Umwelt – und nicht umgekehrt.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • eine Strategie entwickelt wird, um die Wohlfahrtsökonomie mit dem Ziel eines guten Lebens als Alternative zur kurzsichtigen Wachstumswirtschaft zu stärken.
  • ein neuer Indikator eingeführt wird, der den sozialen Zusammenhalt und die Umweltqualität berücksichtigt und es uns erlaubt, aus der Wachstumslogik auszusteigen.
  • der Aktionsplan Grüne Wirtschaft für die Legislatur 2019-2023 erneuert wird. Die nächste Etappe muss zu einer messbaren Senkung des ökologischen Fussabdrucks und zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft führen. Dazu soll der Bund ein Programm zur Förderung von innovativen Modellprojekten für Re-Use, Sharing und Reparaturkreisläufe lancieren.
  • ein Innovationsförderprogramm für die Grüne Wirtschaft geschaffen wird – analog zum Förderprogramm Energie (Swiss Competence Centers for Energy Research, SCCER).
  • die lokale, soziale und solidarische Wirtschaft und lokale Geschäfte gefördert werden.
  • Umweltschutz und Arbeitsbedingungen bei der Ausschreibung öffentlicher Aufträge stärker berücksichtigt werden. Das Nachhaltigkeitspotenzial des neuen Beschaffungsrechts muss von Bund, Kantonen und Gemeinden umgesetzt werden.
  • das Umweltschutzgesetz revidiert wird, um die Ressourceneffizienz in der Schweiz zu erhöhen. Basis ist der Gegenvorschlag zur Initiative für eine Grüne Wirtschaft.
  • langlebige Qualitätsprodukte durch eine Verlängerung der Garantiefristen und durch Auflagen zur Verhinderung von geplanter Verschwendung (Reparaturmöglichkeiten, Bereitstellung von Ersatzteilen usw.) gefördert werden.
  • Importe von besonders umweltschädlichen Rohstoffen wie Holz oder Palmöl aus illegaler Urwaldabholzung gestoppt werden.
  • die Konsument*innen besser über die Nachhaltigkeit von Produkten informiert werden (Labels für Langlebigkeit, sparsamen Ressourceneinsatz oder Reparaturfreundlichkeit).
  • die Emissionen von Fahrzeugen und Geräten laufend und verbindlich gesenkt werden (Top-Runner-Prinzip).

2.2 Für gesunde Nahrungsmittel und eine ökologische Landwirtschaft

Eine gute und gesunde Ernährung ist den Menschen wichtig. Doch in unserem Essen steckt der Wurm drin. Immer mehr Billigprodukte aus Agrarfabriken und Umweltgifte landen auf unseren Tellern. Wir GRÜNE setzen auf nachhaltig produzierte Lebensmittel, einen vorbildlichen Tierschutz und die Stärkung regionaler, saisonaler Produkte. Gentechnik hat auf Feldern und im Futtertrog nichts verloren. Die Qualität von importierten Lebensmitteln muss durch faire Handelsregeln verbessert werden. Nur mit einer grünen Agrarpolitik können wir den nachkommenden Generationen gesunde Böden und Tiere weitergeben. Die kleinbäuerlichen Landwirtschaftsstrukturen und die direkten Vermarktungskanäle zwischen Landwirt*innen und Konsument*innen müssen weltweit gestärkt werden. Zur Agrarwende gehört aber auch, umweltschädliche Fehlanreize und Subventionen zu beseitigen.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • die pauschale Einkommensstützung mit der «Agrarpolitik 2022-2026» weiter abgebaut wird. Die staatlichen Abgeltungen sollen gezielt für die nachhaltige Produktion von Nahrungsmitteln, für ökologische und gemeinwirtschaftliche Leistungen, für die Pflege der Kulturlandschaft und einen verstärkten Tierschutz eingesetzt werden.
  • die Umweltbelastung durch eine standortgemässe, ökologische Landwirtschaft, technische Innovationen und Lenkungsabgaben auf umweltschädliche Hilfsstoffe wie Pestizide verringert wird. Die in der «Agrarpolitik 2014-2017» formulierten Umweltziele müssen durchgesetzt werden.
  • die Tierschutzvorschriften unter Respekt der Religionsfreiheit durchgesetzt und verschärft werden, und zwar auch beim Import von Tieren oder von tierischen Produkten aus Zucht, Jagd und Produktion. Die Ziele der Initiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz» und der Initiative gegen tierquälerische Produkte werden unterstützt.
  • das Gentech-Moratorium weitergeführt wird und für neue gentechnische Verfahren wie CRISPR/Cas 9 das Gentechnikgesetz und das Vorsorgeprinzip gelten.
  • Herkunft, Produktionsform und Nachhaltigkeit bei Lebensmitteln besser deklariert werden (Klimaetikette, Einhaltung Schweizer Tierschutznormen usw.).
  • eine verbindliche Strategie gegen Lebensmittelverschwendung gefasst wird.
  • Agrar-Ökosysteme aufgewertet werden – zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und zur Speicherung von CO2.
  • die Devise «Fairer Handel statt Freihandel» gilt: Wir wollen die lokalen Agrarmärkte vor Dumpingkonkurrenz und zerstörerischen Freihandelsabkommen schützen, und zwar sowohl hier als auch in den Ländern des Südens. Der Bundesrat muss dazu endlich den Verfassungsauftrag für nachhaltigen Handel in der Land- und Ernährungswirtschaft umsetzen und die bestehenden Handelsinstrumente für die Nachhaltigkeit nutzen.
  • die Pflanzenzüchtungsstrategie Schweiz durch Schaffung und Finanzierung eines Fonds zur ökologischen standortgerechten Pflanzenzüchtung umgesetzt wird.

2.3 Für faire Arbeitsbedingungen und Einkommen im Zeitalter der Digitalisierung

Grüne Unternehmer*innen machen vor, wie man mit fortschrittlichen Arbeitsmodellen, guten Löhnen und betrieblicher Mitbestimmung erfolgreich sein kann. Auch ältere Arbeitnehmende, benachteiligte Gruppen und IV-Bezüger*innen sollen auf dem Arbeitsmarkt eine faire Chance haben. Dazu müssen die Früchte der Arbeit gerechter verteilt werden. Leider hat sich die Lohnschere in den letzten Jahren weiter geöffnet. Die oberen und obersten Löhne wachsen stärker als die tiefen. Auch die Vermögenskonzentration nimmt zu. Mit der Digitalisierung steigen zudem die Anforderungen an Flexibilität und Weiterbildung. Studien rechnen bis 2030 mit einem Arbeitsplatzabbau von 25 Prozent in der Schweiz. Da reicht «Pflästerlipolitik» nicht mehr. Es braucht eine grüne Transformationsstrategie für die digitale Arbeitswelt. Und es braucht eine ernsthafte Debatte über neue Formen der Existenzsicherung ausserhalb der Lohnarbeit. Hierfür sollen der Austausch nicht-monetärer Leistungen und die Unentgeltlichkeit gefördert werden. Die digitale Arbeitswelt wird vernetzter, technischer und flexibler sein. Wir GRÜNE wollen, dass sie auch humaner, familienfreundlicher und ökologischer wird. Dafür ist eine Entwicklung hin zur Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit unerlässlich.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • eine nationale Strategie für die soziale Umsetzung der Digitalisierung erarbeitet und realisiert wird. Alle Arbeitnehmenden sollen Zugang zu den neuen Technologien und ein Recht auf Weiterbildung und Umschulung erhalten, wenn sich Branchen und Berufsprofile ändern.
  • der Arbeitsschutz an die digitale Arbeitswelt angepasst wird. Die Arbeitnehmenden sollen vor digitaler Leistungskontrolle und ständiger Erreichbarkeit geschützt werden und mehr Zeitautonomie und Mitbestimmungsrechte erhalten.
  • Massnahmen gegen die prekäre «Uberisierung» ergriffen werden. Für die sogenannte Plattform-Wirtschaft, also übers Internet vermittelte Dienstleistungen, muss der übliche arbeitsrechtliche und soziale Schutz der Arbeitnehmenden gelten. Dies auch im Sinne von gleichen Spiessen zu den «analogen» Unternehmen.
  • der Druck auf die Unternehmen, die Tieflöhne anzuheben und die Selbstbereicherung in den Chefetagen zu stoppen, zunimmt. Ein Mittel dazu ist die Ausweitung der erleichterten Allgemeinverbindlichkeit von Gesamtarbeitsverträgen und die Einführung von Mindestlöhnen, auch für Praktika.
  • die flankierenden Massnahmen zum Schutz der ortsüblichen Löhne und der Arbeitsbedingungen konsequent umgesetzt und verstärkt werden.
  • ältere Arbeitnehmende durch altersneutrale Stellenausschreibungen, die Verbesserung der Arbeitslosenleistungen ab 58 Jahren und die Schaffung eines Weiterbildungsfonds besser geschützt werden.
  • ein Kompetenzzentrum Inklusion eingerichtet wird, welches die finanzielle und fachliche Unterstützung für die Integration von Menschen mit Behinderungen im ersten Arbeitsmarkt koordiniert und stärkt.
  • erste konkrete Schritte zu einem bedingungslosen Grundeinkommen unternommen werden – als Antwort auf den Arbeitsplatzabbau durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz.

2.4 Für einen starken Service Public und eine gerechte Steuerpolitik

Wir GRÜNE erwarten nicht alles Heil vom Staat, sondern vertrauen zuerst auf die Selbstverantwortung und die Innovationskraft der Zivilgesellschaft. Doch eines ist klar: Existenzielle Güter wie Wasser, Energie, Bildung, Gesundheitsversorgung, aber auch öffentlicher Verkehr, Post und Kommunikation, soziale Sicherung oder technische Infrastrukturen müssen öffentlich geplant und finanziert werden. Nur so sind sie für alle Menschen und Unternehmen zu fairen Bedingungen zugänglich. Die GRÜNEN fordern, dass sich Gutverdienende, Vermögende und die Wirtschaft angemessen an der Finanzierung der öffentlichen Leistungen beteiligen. Wo Service Public draufsteht, muss aber auch Service Public drin sein. Mit dem Postauto-Skandal und den Millionengräbern für IT-Projekte in der Bundesverwaltung wurde viel Vertrauen verspielt. Statt Privatisierungen sind mehr Führungskompetenz und mehr Transparenz bei den zuständigen Behörden gefragt.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • zentrale Güter wie Wasser, Energieversorgung und technische Infrastrukturen in öffentlicher Hand bleiben. Und dass sie transparent, effizient und nachhaltig bewirtschaftet werden.
  • die Corporate Governance-Regeln und die Aufsicht über Leistungen, Löhne und Beschaffungen für die Bundesverwaltung und die bundesnahen Betriebe verstärkt werden.
  • strategische Infrastrukturen im schweizerischen Mehrheitsbesitz bleiben (Ausdehnung Lex Koller).
  • die Grundversorgung mit Bildung, Gesundheit, öffentlichem Verkehr und Kommunikationstechnologie in allen Regionen der Schweiz sichergestellt ist.
  • das Steuersystem stärker harmonisiert wird – mit dem Ziel, die stossende Ungleichbehandlung von Bürger*innen in den verschiedenen Kantonen zu beseitigen. Die Pauschalbesteuerung muss aufgehoben werden.
  • der Steuerföderalismus beschränkt wird. Das soll anhand von nationalen Mindestsätzen bei den Unternehmenssteuern und einer besseren Kontrolle von Steuer-Rulings und Steuerrabatten der kantonalen Wirtschaftsförderung geschehen.
  • eine Kapitalgewinnsteuer eingeführt wird und das Kapitaleinlageprinzip (USR II) und die privilegierte Dividendenbesteuerung (USR I) korrigiert werden.
  • eine aufkommensneutrale, zivilstandunabhängige Individualbesteuerung eingeführt wird.
  • die Weissgeldstrategie und der automatische Informationsaustausch engagiert umgesetzt werden. Dazu brauchen die Steuerbehörden genügend Personal.
  • sich die Schweiz für die Durchsetzung des globalen BEPS-Standards (Besteuerung am Ort der Leistungserbringung) engagiert – als Massnahme gegen das globale Standort- und Steuerdumping. Die Wirtschaftspolitik der Schweiz soll sich auf die Stärkung von Innovation ausrichten und nicht auf das Absaugen von Steuersubstrat aus anderen Ländern.
  • sich die Schweiz stark macht für die Einführung einer europäischen Digitalsteuer für Unternehmen der Plattform-Wirtschaft.
  • eine nationale Erbschaftssteuer eingeführt wird.

2.5 Für einen starken Konsument*innenschutz und fairen Wettbewerb

Ein griffiger Konsument*innenschutz ist Teil der grünen Wirtschaftspolitik. Nur wer transparent informiert ist, kann sich für nachhaltige, faire und gesunde Produkte und Dienstleistungen entscheiden. Die Schweiz hinkt der Entwicklung hinterher. Denn die Digitalisierung verändert die Konsumwelt rasant. Globale Online-Plattformen wie Amazon und Alibaba spülen Millionen von Produkten in die Schweiz. Dabei nutzen sie Steuerschlupflöcher und fehlende Kontrollen zu ihrem eigenen Vorteil aus. Täuschung, Vertragstricksereien und Missbrauch von Daten gehören zunehmend zum Alltag in der Schweiz. Sie werden durch Unternehmen (zum Beispiel Dieselgate) oder durch Gesetze aktiv gefördert. Auch die Werbung und die sehr schwachen Deklarationsvorschriften bremsen die Nachhaltigkeit beim Konsum. Damit muss Schluss sein. Der Konsument*innenschutz und der Schutz vor unlauterem Wettbewerb sollen in der nächsten Legislatur gestärkt werden.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • der technische Verbraucher*innenschutz gestärkt wird. Langlebige, reparierbare Produkte von hoher Umweltqualität ohne vom Hersteller geplantes Ablaufdatum sollen zur Norm werden.
  • der digitale Verbraucher*innenschutz gestärkt wird. Automatisierte Kund*innenprofile dürfen nur mit Zustimmung der Kund*innen und in definiertem Umfang digital erstellt und müssen zweckgebunden nach fairen Regeln verwendet (und zwingend wieder vernichtet) werden. Digitale Dienstleistungen müssen auch ohne die Erstellung von Kund*innenprofilen zugänglich sein.
  • Herkunft, Produktionsbedingungen und Qualität von Waren und Dienstleistungen transparent deklariert werden.
  • soziale und ökologische Labels, auch bei Waren- und Dienstleistungsimporten (Fair Trade), vereinheitlicht und gestärkt werden.
  • ein konsument*innenfreundliches Versicherungsvertragsgesetz ohne Möglichkeit zur einseitigen Änderung von Vertragsbedingungen oder Prämien ausgearbeitet wird.
  • überhöhte Gewinnmargen bei Import und Handel gesenkt werden. Das soll anhand eines Gegenvorschlags zur Fair-Preis-Initiative der Konsument*innenschutz-Organisationen geschehen.
  • die Konsument*innenschutz-Verbände finanziell gestärkt werden und ein Sammelklagerecht gegen Täuschung und Betrügereien von Unternehmungen eingeführt wird.
  • gleiche Spiesse (Qualitätsstandards und Steuerbelastung) zwischen globalen Online-Handelsriesen und der lokalen Wirtschaft durchgesetzt werden.
  • die Lebensmittelsicherheit auch im grenzüberschreitenden Online-Handel gewährleistet wird.
  • gesunde und sichere Spielzeuge für Kinder auch im grenzüberschreitenden Online-Handel gewährleistet werden.
  • suchtfördernde, ungesunde oder umweltschädigende Produkte und Dienstleistungen wie Tabak, Alkohol oder Flugreisen nicht mehr direkt und indirekt beworben werden.
  • ein Bundesgesetz zur Regulierung von Cannabis ausgearbeitet wird. Es soll den Anbau, Handel, Konsum, Jugendschutz und die Besteuerung regeln und den legalen Konsum ermöglichen.
  • Plattformen zum Austausch von offenen Daten (Open Data) unterstützt werden, um die Entwicklung von neuen Dienstleistungen durch und für die Bevölkerung zu fördern.

3. Die GRÜNEN sind die Partei der Vielfalt und der Lebensqualität

Wohlstand wird in der offiziellen Politik meist mit Wachstum und Reichtum verwechselt, aber die Überflussgesellschaft ist keine Lösung, sondern das Problem. Doch immer mehr Menschen orientieren sich nicht mehr nur an materiellen Werten, sondern entwickeln kollektive Projekte für mehr Lebensqualität und sozialen Zusammenhalt. Gemeinschaftliche Wohnformen, Vertragslandwirtschaft, Zeittauschsysteme oder Sharing-Netzwerke zeigen, dass das Leben mehr ist als die Maximierung von Profitinteressen. Die GRÜNEN unterstützen diese zukunftsweisenden Ansätze durch politische Rahmenbedingungen und die Stärkung von Mitspracherechten. Um neue Wohn- und Arbeitsformen zu ermöglichen, braucht es zum Beispiel eine fortschrittliche Boden- und Immobilienpolitik. Und mit

Open-Source-Lösungen und digitalen Bürger*innenrechten lassen sich neue Kommunikations- und Kultur-Plattformen vor Kommerzialisierung und Datenmissbrauch schützen. Die Welt ist voller Lösungen. Man muss sie nur packen.

3.1 Für digitale Bürger*innenrechte und konsequenten Datenschutz

Die Digitalisierung hat Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Netzpolitik ist daher für die GRÜNEN eine Querschnittsaufgabe. Die GRÜNEN wollen die Chancen der Informationsgesellschaft nutzen, aber auch die Risiken frühzeitig erkennen. Das Internet ist aus Sicht der GRÜNEN nicht nur ein technisches Instrument, sondern ein Ort des Austauschs, der auch für mehr demokratische Mitbestimmung und für eine nachhaltigere Gesellschaft genutzt werden kann und soll. Den grössten Handlungsbedarf sehen die GRÜNEN beim Netzzugang, beim Datenschutz, bei der Reduktion des Energie- und Ressourcenverbrauchs durch die technische Infrastruktur sowie bei der fairen Entschädigung von Urheberrechten. Wir wollen einen gläsernen Staat, nicht gläserne Bürger*innen.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • eine Charta für digitale Bürger*innenrechte verabschiedet wird. Sie soll unter anderem sicherstellen, dass Menschen durch die Digitalisierung nicht vom Zugang zu Gütern, Dienstleistungen oder von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden oder dass Maschinen nicht dafür programmiert werden dürfen, unethische Entscheidungen zu treffen.
  • die Privatsphäre durch ein neues Datenschutzgesetz ausreichend geschützt wird. Das Gesetz soll digitale Grundrechte wie das Recht auf Löschen verankern und der Weitergabe und Verknüpfung von Daten (Big Data) Grenzen setzen.
  • ein leistungsfähiges offenes Netz für alle geschaffen wird, das die Netzneutralität gesetzlich garantiert. Und in der ganzen Schweiz ein erschwinglicher Zugang zum Hochbreitband-Internet vorhanden ist.
  • in Grundrechte wie die Meinungs- oder Informationsfreiheit nur eingegriffen wird, wenn eine gesetzliche Grundlage und ein richterlicher Beschluss bestehen. Und wenn die Eingriffe notwendig und verhältnismässig sind. Das heimliche Ausspionieren von Computern und den Einsatz von Staatstrojanern ohne begründeten Verdacht oder auf Vorrat lehnen wir ab.
  • Cybersicherheit nicht zum Deckmantel für eine Neuauflage des Schnüffelstaates wird. Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung muss gestoppt werden. Ausgebaut werden soll dagegen der Schutz vor Cybermobbing und digitaler Hetze. Die Würde und Unversehrtheit der Menschen muss durch die Betreiber öffentlicher Plattformen geschützt werden.
  • der Bund verstärkt Open-Source-Lösungen und durchgehend fair hergestellte, umweltverträgliche Hardware einsetzt. Dazu sollen auch die Spielräume des neuen Gesetzes über die öffentlichen Beschaffungen genutzt werden.
  • alternative Vergütungsmodelle zur gesetzeswidrigen privaten Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke (zum Beispiel beim Upload in Tauschbörsen) entwickelt werden. Strafverfolgung und Zugangssperren erachten die GRÜNEN als die falschen Mittel.

3.2 Für Medienvielfalt, demokratische Öffnung und Transparenz

Die Schweiz ist stolz auf ihre demokratische Tradition. Doch es gibt Reformbedarf. So lassen sich zum Beispiel viele Parteien durch umstrittene Konzerne finanzieren. Oft sitzen die Firmenlobbyisten höchstpersönlich im Parlament und vertreten dort Partikularinteressen statt Gemeinwohl. Die GRÜNEN haben als erste Partei ethische Richtlinien für Parteispenden und die Transparenz der Mittel festgelegt. Solche Spielregeln braucht es auch auf nationaler Ebene für Wahlen und Kampagnen. Zudem müssen Chancengleichheit und der Minderheitenschutz im Wahlsystem endlich durchgesetzt werden. Zu den Grundlagen der Demokratie gehört auch die Medienvielfalt. Diese ist durch die Digitalisierung, Medienkonzentration und den Abbau von Qualität und Leistungen in Gefahr.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • eine Parteienfinanzierung eingeführt wird, die allen Parteien gleiche Spiesse bei den Grundleistungen ermöglicht. Und die Abhängigkeit von privaten Lobbys verkleinert.
  • ein Ja zur von den GRÜNEN mitlancierten Transparenz-Initiative die Einführung von Richtlinien für die Finanzierung von Wahlen und politischen Kampagnen ermöglicht.
  • für Zuwendungen und Abgeltungen im Zusammenhang mit Interessenbindungen und Lobbytätigkeiten im Parlament eine detaillierte Offenlegungspflicht gilt.
  • eine verbindliche Bundesregelung für den Schutz von politischen Minderheiten in kleinen Kantonen mit Majorzwahlsystem gilt.
  • sich der Bund für ein elektronisches Unterschriftensystem für Initiativen und Referenden einsetzt.
  • das Stimmrechtalter 16 eingeführt und eine Kampagne zur Förderung der Medienbildung und der Medienkompetenz von Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchgeführt wird.
  • das Recht zur politischen Mitsprache und Beteiligung auch für Menschen mit einem ausländischen Pass gilt.
  • unabhängige publizistische Medienleistungen sowie die Medienvielfalt und die Medienqualität mit dem neuen Mediengesetz gezielt gefördert werden.
  • eine neue Verfassungsgrundlage für die direkte Medienförderung bei privaten Angeboten geschaffen wird. Damit Vielfalt, Qualität und Demokratierelevanz der Medien erhalten bleiben.
  • eine Strategie für die Erneuerung der Service-Public-Medien (SRG und regionale Private) im Zeitalter der Digitalisierung formuliert wird. Der Service Public muss sich gegenüber der Gesellschaft öffnen und die Vielfalt der Meinungen und Lebenswirklichkeiten reflektieren.
  • Massnahmen zur Aufdeckung von Fake-News-Kampagnen ergriffen und ein Qualitätslabel für Internet-Plattformen geschaffen wird.

3.3 Für lebendige Quartiere und bezahlbare Wohnungen in Städten und Agglomerationen

Städte sind Motor der Veränderung und Laboratorien für Innovation. Ein haushälterischer Umgang mit dem Boden muss Wohnen und Arbeiten wieder zusammenbringen und die Siedlungsentwicklung nach innen fördern. Anbauen und Aufstocken lautet die Devise. Sie findet allerdings nur Akzeptanz, wenn dabei auch die Lebensqualität stimmt und bezahlbarer Wohnraum erhalten bleibt. Die GRÜNEN setzen sich wie keine andere Partei für urbane Grün- und Freiräume und eine hochstehende Planungs- und Baukultur ein. Wir wollen auch die Boden- und Wohnungsspekulation stoppen, denn nur so gibt es bezahlbare Mieten und Raum für Nachbarschaften, Familien und öffentliche Begegnungsorte. Für die GRÜNEN ist Wohnen ein Grundrecht. Entscheidend für das Leben in Städten und Agglomerationen ist aber auch eine grüne Verkehrspolitik. Der Bund kann all diese Aufgaben nicht an Gemeinden und Kantone delegieren, sondern muss selber mehr Verantwortung übernehmen.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • der Bund sich verstärkt für die Verdichtung und Aufwertung im städtischen Raum engagiert. Dazu gehören unter anderem Mindestvorschriften für die Ausnutzung und Belegung von Flächen, die Förderung der modularen Bauweise und die Sicherung von öffentlichen Grünräumen in den Quartieren und Agglomerationen (Spielplätze, Pärke und Freihaltezonen).
  • planerische Auflagen für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum in den Städten und Agglomerationen in der zweiten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes umgesetzt werden. Darunter fallen zum Beispiel Mindestquoten für preisgünstigen Wohn- und Gewerberaum oder Genossenschaften sowie ein Vorkaufsrecht für Gemeinden.
  • der Bund gemeinnützigen Wohnbauträger*innen Landreserven von SBB, armasuisse und anderen bundesnahen Betrieben günstig zur Verfügung stellt.
  • die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus intensiviert und das Mietrecht verstärkt wird (Kontrolle der Anfangsmieten, Formularpflicht, besserer Kündigungs­schutz). Die GRÜNEN wollen der Wohn-Initiative des Mieter*innenverbandes zum Durchbruch verhelfen.
  • bei Sanierungen und Umbauten nur noch real wertsteigernde Investitionen auf die Miete aufgeschlagen werden können. Die Möglichkeit zur pauschalen Abwälzung von 50-70 Prozent der Kosten bei Gesamtsanierungen ist aufzuheben.
  • der Rahmenkredit für den Fonds de Roulement zur Förderung zinsgünstiger Darlehen für den sozialen Wohnungsbau um 500 Millionen Franken aufgestockt wird.
  • Bund, Kantone und Städte flexible, generationenübergreifende Wohnformen und ökologische Nachbarschaften fördern. Eine departements- und ämterübergreifende Agentur für Nachbarschaftsentwicklung soll die Projekte und Prozesse begleiten.
  • nach dem klaren Ja zum Bundesbeschluss Velo mehr Bundesmittel für den Veloverkehr in Städten und Agglomerationen und für die Verbesserung der Verkehrssicherheit, insbesondere auf den Schulwegen, eingesetzt werden.

3.4 Für neue Perspektiven in den Berggebieten

Die GRÜNEN sind in den Städten und Agglomerationen gut vertreten. Aber auch in den ländlichen Kantonen und in den Bergregionen ist grüne Politik gefragt. Die Klimaerhitzung bedrängt Tourismus und Landwirtschaft. Nur eine Vorwärtsstrategie bringt den Berggebieten neue Perspektiven. Dabei können sie auf bestehenden Stärken aufbauen: auf den einzigartigen Landschaften, dem kulturellen Reichtum, dem (noch knapp) flächendeckenden Service Public und einer stark verwurzelten Bevölkerung. Mit einer Reform der Tourismusstrukturen, mit grüner Energie oder mit neuen Vermarktungsformen für regionale Produkte lassen sich nachhaltige Wirtschaftsimpulse setzen. Auch die Digitalisierung bringt neue Chancen in die Randregionen. Je offener die Menschen für Veränderungen sind, desto positiver lassen sich diese gestalten.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • die politische Partizipation, die Erneuerungsfähigkeit und die Zukunftsorientierung in den Berggebieten durch die Reform der Wahlsysteme (Proporz) und durch Gemeindezusammenschlüsse gestärkt werden.
  • der Bund den Strukturwandel in den Berggebieten (als Alternative zum Bau von Zweitwohnungen und unökologischen Grossevents wie den Olympischen Spielen) aktiv unterstützt. Die nächste Etappe der «Neuen Regionalpolitik» muss noch stärker auf nachhaltigen Tourismus und die Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe ausgerichtet sein. Mit einem Programm zur energetischen Sanierungen des Gebäudeparks sollen dezentrale Ausbildungs- und Arbeitsplätze gesichert werden.
  • die Wasserkraft auch künftig in öffentlicher Hand bleibt. Heimfälle sollen in kantonalen Gesellschaften erfasst werden, die sich einer nachhaltigen Strategie im Sinne einer natur- und landschaftsverträglichen Energiewende verpflichten. Dazu gehört auch die Nutzung von Solarenergie, Windenergie und Biomasse.
  • angemessene Wasserzinsen garantiert werden und die strategische Reservehaltung von Stauseen entschädigt wird. Letzteres soll neben der Versorgungssicherheit auch die wirtschaftliche Wertschöpfung in den Alpengebieten stärken.
  • die Grundversorgung in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Kommunikation und öffentlicher Verkehr trotz Spardruck gesichert und modernisiert wird, um die Abwanderung zu stoppen. Die Digitalisierung ist eine Chance für die Berggebiete.
  • das in der Verfassung verankerte Verlagerungsziel im alpenquerenden Güterverkehr ohne Abstriche umgesetzt wird. Die GRÜNEN fordern die rasche Einführung der Alpentransitbörse und die Sicherung der Bahntrassen für den wachsenden Güterverkehr. Die zweite Gotthardstrassenröhre darf nicht zu einer Kapazitätserhöhung führen.

4. Die GRÜNEN sind die Partei der sozialen Gerechtigkeit und der Chancengleichheit

Die GRÜNEN setzen sich für eine politische Kultur ein, welche die individuelle Freiheit mit sozialer Verantwortung verbindet. Wir sind überzeugt, dass eine pluralistische Gesellschaft nur auf dem Fundament des Rechtsstaates und in gegenseitigem Respekt und Offenheit funktionieren kann. Auch die Chancengleichheit und die Rechte von Minderheiten sind Grundpfeiler der modernen Demokratie. Durch die wachsenden Ungleichheiten bei Lohn, Vermögen oder bei der Bildung wird der soziale Zusammenhalt zunehmend in Frage gestellt. Wir GRÜNE wollen die sozialen Sicherungsnetze so stärken, dass niemand durch die Maschen fällt. Ein guter Service Public stellt Bildung, Gesundheitsversorgung und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für alle sicher.

4.1 Für soziale Sicherheit in allen Lebenslagen und eine moderne Familienpolitik

Keine Partei hat die gesellschaftliche Öffnung in der Schweiz so geprägt wie die GRÜNEN. Ob Menschen in Wohngemeinschaften zusammenleben, als Patchwork-Familien oder als gleichgeschlechtliche Paare durchs Leben gehen, führt heute glücklicherweise zu keinem Aufschrei mehr. Auch das Zusammenleben der Generationen ist vielfältiger geworden. Nun müssen auch die sozialen Unterstützungs- und Sicherheitsnetze an die neuen Lebensrealitäten angepasst werden. Die grüne Sozialpolitik ist nicht mehr auf die traditionelle Familie ausgerichtet, sondern berücksichtig die Vielfalt der Lebenslagen und das Gleichstellungsgebot. Sie orientiert sich zudem an einem zentralen Verfassungsgrundsatz: Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen. Hier gibt es viel zu tun.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • die Sozialpolitik dahingehend reformiert wird, dass Eltern und Kinder unabhängig vom Familienmodell, von Einkommen oder Herkunft ein wirtschaftlich abgesichertes Leben führen können. Dabei müssen insbesondere die Care-Arbeit bei Unterhalts- und Vorsorgeregelungen (zum Beispiel die Einführung von Betreuungsgutschriften bei der beruflichen Vorsorge) berücksichtigt und Steuerabzüge durch ein sozial gerechteres Zulagensystem ersetzt werden. Bei Krankheit des betreuenden Elternteils muss die dann notwendige externe Kinderbetreuung finanziert werden.
  • ein nationales Rahmengesetz für die Sozialhilfe und Ergänzungsleistungen für Familien eingeführt werden.
  • eine Elternzeit von 28 Wochen eingeführt wird (finanziert über die Erwerbsersatzordnung), wovon mindestens acht Wochen vom Vater bezogen werden müssen.
  • sich das Projekt «AHV 21» und die Reform der beruflichen Vorsorge am Ziel orientieren, ein würdiges Leben im Alter zu ermöglichen. Der einmalig erhöhte Finanzbedarf der Baby-Boom-Generation soll mit einem AHV-Staatsfonds aufgefangen werden.
  • eine Pensionierung à la Carte ermöglicht wird, die das Berufseintrittsalter und die Gesundheitsbelastung im Erwerbsleben besser berücksichtigt. Alterszeitzeitmodelle sollen auf der Basis des Referenzalters 64/65 den schrittweisen Übergang in die Rente ermöglichen. Ältere Arbeitslose sollen in ihrer Pensionskasse verbleiben können.
  • die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gestärkt wird. Bildungsinstitutionen, Arbeitsmarkt, öffentlicher Raum, Mobilitätsangebote und Sozialversicherungen müssen so weiterentwickelt werden, dass Menschen mit Behinderungen ein würdiges und möglichst selbstbestimmtes Leben führen können.

4.2 Für eine sozial finanzierte Gesundheitsversorgung

13 Prozent des Bruttoinlandprodukts, also pro Einwohner*in rund 10’000 Franken, wenden wir jährlich für unsere Gesundheit auf. Ein reiches Land kann das als Solidargemeinschaft stemmen – wenn sie die Kosten richtig steuert. Obwohl die meisten von uns mit der Hausärztin, dem Spital in der Region oder ihrem Physiotherapeuten zufrieden sind, krankt das Gesundheitswesen an immer mehr Gebrechen: Für viele Versicherte sind die Prämien nicht mehr tragbar. Besonders unübersichtlich und mit falschen Anreizen versehen ist die Finanzierung der Alterspflege; es wird zu wenig getan, um Krankheit zu vermeiden oder zu verzögern. Die Versorgung ist zersplittert, die Patient*innen werden oft unkoordiniert hin und her geschoben. Und es wird immer noch zu viel, unnötig oder ungenügend behandelt. All diese Probleme lassen sich nicht mit mehr Markt verbessern. Denn Gesundheit funktioniert nicht nach dem Wettbewerbsprinzip. Es braucht vielmehr kluge staatliche Regeln zum sozialen Ausgleich, zur Kostendämpfung und für die Gesundheitsförderung. Wir GRÜNE haben dafür gute Rezepte.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • fünf Prozent der Prämiengelder für Projekte und Massnahmen der Gesundheitsförderung und der medizinischen Prävention eingesetzt werden.
  • die Prämien zehn Prozent des Haushaltseinkommens nicht übersteigen. Die Kantone müssen dazu verpflichtet werden, mindestens ebenso viel an die Prämienverbilligung zu bezahlen, wie dies der Bund tut, und die Beiträge der Kostenentwicklung anzupassen. In den letzten Jahren wurden die Prämienverbilligungen zum Spielball kantonaler Sparpolitik. Das muss ein Ende haben.
  • die Finanzierung der Alterspflege reformiert wird. Für flexible Modelle der Altersbetreuung – zuhause, bei betreutem Wohnen, in Pflegeheimen, bei Demenz – müssen angepasste Finanzierungs- und Vergütungsinstrumente geschaffen werden.
  • eine Strategie zur Förderung von integrierten Versorgungsmodellen ausgearbeitet wird. Die zunehmende Spezialisierung der Medizin führt zu noch mehr Schnittstellen in der Behandlungskette. Mit Vorgaben im Krankenversicherungsgesetz sollen die Leistungserbringer zu mehr Zusammenarbeit verpflichtet werden. Versorgungskoordination und Patient*innenbegleitung im Behandlungsprozess müssen vergütet werden.
  • mit der Förderung von Komplementärmedizin in Anwendung, Lehre und Forschung ein verstärkter Beitrag zu einer kostengünstigen und ganzheitlichen Gesundheitsversorgung geleistet wird.
  • mit der Entwicklung von Behandlungspfaden und Behandlungsleitlinien unnötige und unzweckmässige Behandlungen vermieden werden.
  • Medikamentenzulassungen, medizinische Planung und öffentliche Forschung unabhängig von der direkten oder indirekten Finanzierung der Pharmaindustrie gemacht werden (externe Expert*innen, Kommissionen und Lehre der Medizin inbegriffen).
  • öffentliche kantonale oder eine öffentliche nationale Krankenkasse eingeführt werden, die für alle Leistungen zuständig sind, die durch die obligatorische Krankenversicherung abgedeckt sind.

4.3 Für die Gleichstellung von Frau und Mann und mehr Gendergerechtigkeit

Die GRÜNEN sind die Vorkämpfer*innen der Gleichstellungspolitik. Früher und konsequenter als alle anderen Parteien haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Die Hälfte aller grünen Mandate in Parlamenten und Exekutiven sind heute von Frauen besetzt. Gleichstellung ist auch in den Führungsgremien eine Selbstverständlichkeit. In Politik und Wirtschaft dagegen ist dieses Ziel noch lange nicht erreicht. Frauen sind in vielen Berufen untervertreten und werden bei Löhnen und Renten diskriminiert. Wir GRÜNE setzen uns für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, gegen Sexismus, für Lohngleichheit und die Aufwertung der sozialen Berufe ein. Für uns ist die Gleichstellung nicht einfach ein Frauenthema. Auch Männer wollen sich aus dem traditionellen Rollenkorsett befreien und engagieren sich für die grüne Gleichstellungspolitik.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • jeder Mensch das Geschlecht frei wählen kann und sich nicht entscheiden muss, als Frau oder Mann zu leben.
  • die Überwindung von Geschlechterstereotypen in Familie, Bildung, Ausbildung und Beruf zu mehr Wahlfreiheit führt. Dazu braucht es konkrete Projekte und innovative Kampagnen in verschiedenen Gesellschaftsbereichen.
  • Familie und Beruf besser vereinbar sind. Dafür braucht es ein Recht auf bezahlbare Kinderbetreuungsplätze für alle, aber auch familienfreundlichere Ausbildungs- und Arbeitsmodelle (flexible Arbeitszeiten, Home Office) und genügend Tagesschulen.
  • die Arbeitgeber*innen in die Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung stärker eingebunden werden – wie es der Kanton Waadt vormacht. Nur so kann verhindert werden, dass mittelständische Familienbudgets wegen hoher Betreuungstarife trotz Zweiteinkommen sinken.
  • Eltern gegen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt besser geschützt werden.
  • Teilzeitstellen für Männer gefördert werden.
  • die Wochenarbeitszeit für die Vereinbarkeit von Erwerbs-, Familien-, Hausarbeit, gesellschaftlichem Engagement und Freizeit reduziert wird.
  • Jobsharing gefördert wird, insbesondere bei Führungspositionen.
  • die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern durchgesetzt wird. Dazu braucht es eine Kampagne gegen Geschlechterstereotypen bei Berufswahl und Ausbildung und verbindliche Lohnanalysen und -kontrollen.
  • eine Mindestvertretung von Frauen in den Führungsfunktionen der Bundesverwaltung und der bundesnahen Betriebe gilt und Geschlechterrichtwerte in Unternehmen durchgesetzt werden.
  • die ausgewogene Vertretung beider Geschlechter im Bundesrat und im nationalen Parlament verbindlich geregelt wird.
  • Frauenhäuser stärker unterstützt, Kinderschutz und Opferhilfe im Rahmen der Istanbul-Konvention ausgebaut und daneben auch Präventionsprojekte und niederschwellige Angebote im Bereich der Täter*innenarbeit unterstützt werden.
  • die Schule die Gleichberechtigung und die Selbstbestimmung stärkt, statt traditionelle Geschlechterrollen zu zementieren.

4.4 Für den breiten Zugang zu Bildung, Ausbildung und Kultur

Die Schweiz ist arm an Rohstoffen, aber reich an Innovationsgeist und Kultur. Diese gedeihen nur in einem Klima von Offenheit und Toleranz. Und sie leben vom grenzüberschreitenden Austausch der Ideen und Menschen. Wir GRÜNE wollen die internationalen Partnerschaften von Universitäten, Fachhochschulen, Forschung und Kultur gegen die rechtsnationale Abschottungspolitik und die Sparapostel verteidigen. Wir wenden uns aber auch gegen die Tendenz, Wissen zu privatisieren und auf kurzfristigen wirtschaftlichen Nutzen auszurichten. Die GRÜNEN stehen ein für ein ganzheitliches, vielfältiges, integratives Bildungswesen und einen hochstehenden und vernetzten Forschungs- und Kulturplatz Schweiz. Der Berufsbildungsweg mit Berufsmaturität und Fachhochschulen soll dabei gleichwertig neben dem akademischen Bildungsweg stehen. Wer den Einstieg in eine Ausbildung verpasst hat, soll eine zweite Chance erhalten.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • genügend Mittel für Bildung und Ausbildung auf allen Stufen des föderalen Bildungssystems vorhanden sind.
  • die Bildung für nachhaltige Entwicklung gestärkt wird und die Förderung personaler und sozialer Kompetenzen im Sinne von «soft skills» auch im Zeitalter der Digitalisierung hochgehalten wird.
  • die Chancengleichheit in Bildung und Ausbildung durch den Ausbau und die Harmonisierung des Stipendienwesens sowie familien- und berufsbegleitende Studiengänge gefördert werden. Sozialhilfe für Jugendliche soll durch Stipendien ersetzt werden.
  • die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe stärker gefördert und anerkannt wird, zum Beispiel mit einem Bonus-Malus-System im Gesundheitswesen oder bei den öffentlichen Beschaffungen.
  • Jugendliche und Erwachsene ohne Berufsabschluss eine zweite Chance erhalten. Berufsschulen sollen auch bei einem späten Lehrstellenantritt unentgeltlich bleiben und Betriebe sollen durch Anreize dazu ermuntert werden, Nachqualifikationen zu ermöglichen.
  • Sans-Papiers-Kinder weiterhin die Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren können.
  • die Schweizer Beteiligung an den Europäischen Forschungs- und Kulturprogrammen weitergeführt wird.
  • die Schweizer Beteiligung an Europäischen Austauschprogrammen für Schüler*innen und Studierende weitergeführt und auf die Berufsbildung ausgedehnt wird.
  • transparente und klare Regelungen für Sponsoringverträge und für Nebeneinkommen von leitenden Hochschulangestellten an allen Hochschulen gelten.
  • die finanziellen Mittel für die Kulturbotschaft 2021-2024 und der Rahmenkredit für Bildung, Forschung und Innovation 2021-2024 sichergestellt werden.

4.5 Für eine Demokratie ohne Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus

Die GRÜNEN setzen sich an vorderster Stelle für die Respektierung der Menschenrechte und für den Schutz von Minderheiten ein. Niemand soll aufgrund von Herkunft, Alter, Religion, Geschlecht, Lebensform, sexueller Orientierung, körperlichen und geistigen Einschränkungen oder Sprache diskriminiert und ausgegrenzt werden. Bereits vor 20 Jahren haben die GRÜNEN im Parlament die Ehe für alle gefordert. Der Vorstoss fand damals keine Mehrheit, hat aber den Weg für die eingetragene Partnerschaft geebnet. Nun ist es höchste Zeit für den nächsten Schritt. Die GRÜNEN sind überzeugt davon, dass Gleichstellung, Toleranz, Vielfalt und gegenseitiger Respekt die Richtschnur für ein gutes Zusammenleben sind. Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle ihren Platz haben und das Zusammenleben mitgestalten können.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • die Ehe vollumfänglich für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wird und diese im Adoptionsverfahren und in der Fortpflanzungsmedizin gleichgestellt sind.
  • Ehepaare, eingetragene Partnerschaften und Konkubinate im Steuer- und Sozialversicherungsrecht gleichbehandelt werden.
  • ein «drittes Geschlecht» eingeführt und in den gesetzlichen Bestimmungen auf den Geschlechtsbezug verzichtet wird, mit Ausnahme der Bereiche, wo die Geschlechtsangabe zwingend ist (beispielsweise im Falle der Schwangerschaft).
  • die Einbürgerung von binationalen Paaren in eingetragener Partnerschaft erleichtert wird und die Verfolgung und Diskriminierung von LGBTIQ*-Menschen im Asylverfahren als Asylgrund anerkannt werden.
  • bei intersexuellen Kindern geschlechtszuordnende Operationen ohne medizinische Notwendigkeit verboten werden.
  • eine breit angelegte Kampagne gegen rassistische, sexistische oder homo- und transphobe Inhalte auf Social Media durchgeführt wird.
  • ein starker Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Ethnie, Religion, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität (LGBTIQ*) garantiert wird.
  • Gewalt aufgrund von Rasse, Ethnie, Religion, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität (LGBTIQ*) statistisch erfasst wird. Diese Erfassung soll auch auf Bereiche des strukturellen Rassismus ausgeweitet werden, wie es bei Racial Profiling der Fall ist.
  • der interreligiöse Dialog gefördert und die Religionsfreiheit im Rahmen der verfassungsmässigen Grundrechte garantiert wird.
  • ein Aktionsplan für die Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention und des Behindertengleichstellungsgesetzes erstellt wird. Dieser soll klare und nachweisbare Ziele wie barrierefreie Dienstleistungen auf allen Staatsebenen, aber auch im privaten Bereich und in den Medien enthalten und umsetzen.

5. Die GRÜNEN sind die Partei der Offenheit und der Menschenrechte

Die Globalisierung verändert die Rolle der demokratischen Staaten. Einseitige Handelsverträge und Investitionsschutzabkommen hebeln die Rechte der Bürger*innen aus und geben sie in die Hände von internationalen Grosskonzernen. Die GRÜNEN wollen die Globalisierung in ökologische, soziale und demokratische Bahnen lenken. Als stark vernetzter Wirtschaftsstandort und globaler Finanzplatz kommt der Schweiz dabei eine besondere Rolle zu. Die Schweiz soll mit ihrer Wirtschaftspolitik die nachhaltige Entwicklung, die Konzernverantwortung und den fairen Handel stärken. Und sie soll ihre humanitäre Tradition, die Menschenrechte und die Friedensförderung zur Leitschnur ihrer Aussenpolitik machen.

5.1 Für eine gute Nachbarschaft mit Europa und der Welt

Die GRÜNEN setzen sich für gute Beziehungen zu unseren Nachbarländern und gerechtere Spielregeln für die globalen Märkte ein. Die Schweiz soll eine verlässliche Partnerin in der internationalen Gemeinschaft sein und einen engagierten Beitrag zur Förderung von Demokratie, Wohlstand, Frieden, Sicherheit und dem Erhalt der ökologischen Lebensgrundlagen leisten. Grosser Handlungsdruck besteht in Europa. Die Schweiz ist ein Teil Europas. Wir GRÜNE streben gemeinsam mit unseren europäischen Schwesterparteien ein demokratisch, sozial und ökologisch erneuertes Europa mit Respekt der Menschenrechte an.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • der bilaterale Weg durch einen fairen Rahmenvertrag und eine engere Zusammenarbeit gestärkt wird, insbesondere in den Bereichen Bildung, Forschung und Umweltschutz. Der Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen muss dabei gestärkt werden.
  • die Schweiz mit den EU-Behörden zusammen das Ortsprinzip gegenüber dem Herkunftsprinzip (Cassis-de-Dijon) durchsetzt. Nur so können wir Sozial- und Ökodumping und damit eine Spaltung Europas verhindern.
  • die Nachhaltigkeitsziele der UNO (Sustainable Development Goals) vorbildlich durch die Schweiz umgesetzt werden.
  • sich die Schweiz verstärkt für eine soziale, ökologische und friedensfördernde Politik der internationalen Organisationen engagiert. Sie muss zudem mindestens 0,7 Prozent des BIP in die Entwicklungszusammenarbeit investieren.
  • der Beitrag der Schweiz an den internationalen Klimafonds nicht aus dem Entwicklungsbudget, sondern verursachergerecht durch eine CO2-Abgabe auf Brenn- und Treibstoffen finanziert wird.
  • bessere Spielregeln für die global agierenden Finanzmärkte zur Verhinderung von Pleiten, Crashs und staatlichen Rettungsaktionen gelten. Die Eigenkapitalvorschriften müssen weiter verschärft und der Handel mit Finanzprodukten und Rohstoffen besser überwacht und gesteuert werden. Die Schweiz soll dabei nicht nur internationales Recht nachvollziehen, sondern im Kampf gegen globale Steueroasen und Finanzmarktrisiken eine aktive Rolle übernehmen. Ein zentraler Schritt ist die Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer.

5.2 Für Friedenspolitik und Abrüstung

Keine andere Partei hat die Beschaffung neuer Kampflugzeuge so klar abgelehnt wie die GRÜNEN. Der Erfolg des Gripen-Referendums war der Auftakt für weitere Armeereformen. Doch der Rechtsrutsch von 2015 hat den Reformeifer in sein Gegenteil verkehrt. Für die GRÜNEN ist klar, dass die Armee stark reduziert werden muss und keine zivilen Aufgaben übernehmen darf. Auf die Zunahme der globalen Konflikte soll nicht mit Aufrüstung reagiert werden, sondern mit einem Ausbau der zivilen Friedensförderung und einem strikten Verbot der Waffenexporte. Weil nur die UNO eine Grundlage für den Weltfrieden bilden kann, fordern wir deren Stärkung gegenüber Militärbündnissen wie der Nato, die nicht universelle, sondern Sonderinteressen vertreten. Durch die Verbannung von Waffen aus dem privaten Umfeld soll auch die Sicherheit im Inneren verbessert werden.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • sich die Schweiz für ein internationales Abkommen zur weltweiten Ächtung von vollautonomen Waffensystemen (Roboterwaffen) engagiert.
  • die Schweiz sofort den internationalen Atomwaffensperrvertrag ratifiziert. Das Abkommen sieht ein Verbot der Entwicklung und Lagerung von Atomwaffen sowie der Androhung ihres Einsatzes vor.
  • ein Ja zur von den Jungen Grünen mitlancierten Initiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» zustande kommt und somit Investitionen in die Rüstungsindustrie verhindert werden.
  • die Armee und das Militärbudget verkleinert werden.
  • die Wehrpflicht abgeschafft wird.
  • der Dienst in Teilzeit geleistet werden kann, um modernen Familienbildern und Teilzeitarbeitenden gerecht zu werden.
  • eine neue, überdimensionierte Kampfjet-Beschaffung verhindert wird.
  • auf innere und zivile Einsätze der Armee und auf militärische Auslandeinsätze verzichtet wird. Sicherheit im Inneren ist Aufgabe einer gut ausgebildeten Polizei.
  • der Zivildienst dem Militärdienst gleichgestellt und auch für Frauen und Ausländer*innen auf freiwilliger Basis offen ist.
  • jegliche Waffenexporte verboten werden.
  • jegliche Rüstungszusammenarbeit und Militärkooperation mit dem ganzen Nahen Osten gestoppt wird.
  • die Schweiz aus der Partnership for Peace der Nato austritt und sich stattdessen verstärkt in der UNO und in der OSZE engagiert.
  • das langjährige Engagement für einen gerechten Frieden zwischen Israel und Palästina wiederaufgenommen wird.
  • Ordonnanzwaffen in Zeughäusern oder Schiessständen aufbewahrt und alle Waffen registriert werden.

5.3 Für fairen Handel und Rechte ohne Grenzen

Die Schweiz ist mit der globalen Wirtschaft vernetzt wie kaum ein anderes Land. Als rohstoffarmes Land ist sie auf Austausch und globale Nachhaltigkeit besonders angewiesen. Gleichzeitig beherbergt sie den grössten Offshore-Finanzplatz und den zweitgrössten Rohstoffhandelsplatz der Welt. Für die GRÜNEN ist klar, dass diese Sonderrolle mit entsprechender Verantwortung verbunden ist. Die in der Schweiz ansässigen Multis müssen weltweit die nachhaltige Entwicklung und die Menschenrechte fördern. Damit die ungebremste Globalisierung nicht zu mehr Verlierer*innen und nationaler Abschottung führt, müssen faire Spielregeln die Akzeptanz und die Nachhaltigkeit des globalen Handels fördern. Armut, Not und prekäre Migration lassen sich nur mit «Rechten ohne Grenzen» stoppen.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • ein Ja zur Konzernverantwortungsinitiative beziehungsweise zu einem wirkungsvollen Gegenvorschlag zustande kommt. Es braucht eine verbindliche Unternehmenshaftung und Sorgfaltsprüfung zur Wahrung der globalen Menschen-, Umwelt- und Arbeitsrechte.
  • mehr Transparenz im Rohstoffsektor herrscht. Dafür müssen insbesondere die länder- und projektspezifischen Zahlungen für den Handel mit Rohstoffen sowie die Besitzverhältnisse in den kantonalen Handelsregistern offengelegt werden.
  • eine Aufsichtsbehörde für den Handel mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln (Rohma) geschaffen wird.
  • Rohstoffe, Produkte und Dienstleistungen entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette rückverfolgbar sind.
  • die Spekulation mit Nahrungsmitteln sowie des Land-Grabbing verboten werden.
  • bestehende internationale Abkommen wie die Basler Konvention zur Entsorgung und zum Transport von Abfällen auf die Produktion und den Handel mit Rohstoffen erweitert werden.
  • alle neuen Handelsverträge der Schweiz mit einem Nachhaltigkeitskapitel zur Durchsetzung von internationalen Umweltschutz- und Menschenrechtsverträgen ergänzt werden.
  • sich die Schweiz bei der WTO dafür einsetzt, dass Produktionsmethoden (PPM) bei der Ausgestaltung von Handelsregeln berücksichtigt werden können.
  • der neue Bundesverfassungsauftrag zur Ernährungssicherheit umgesetzt wird. Grenzüberschreitende Handelsbeziehungen müssen zur nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen.

5.4 Für eine menschenwürdige Migrations- und Asylpolitik

Seit dem Zweiten Weltkrieg waren noch nie so viele Menschen auf der Flucht wie heute. Für die GRÜNEN ist klar, dass die Schweiz als Depositarstaat von 79 völkerrechtlichen Verträgen und insbesondere der Genfer Konvention einen gewichtigen Beitrag an die internationale Solidarität leisten muss und kann. Die Antwort auf die zunehmenden Krisen muss mehr Hilfe, mehr Unterstützung vor Ort und die engagierte Bekämpfung der Fluchtursachen sein. Wer auf der Suche nach Sicherheit und Perspektiven nach Europa und in die Schweiz kommt, hat Anrecht auf ein faires Verfahren und gesellschaftliche Solidarität.

In der nächsten Legislatur wollen wir erreichen, dass:

  • sich die Schweiz stärker gegen die tiefgreifenden Ursachen von Krieg, Verfolgung, Flucht und prekärer Migration engagiert. Sie muss die Nachhaltigkeitsziele der UNO umsetzen und sich für gerechte globale Wirtschaftsbeziehungen, die Umsetzung des Klimaabkommens von Paris und eine friedensfördernde Aussenpolitik engagieren.
  • die humanitäre Tradition der Schweiz ohne Wenn und Aber respektiert wird. Die Schweiz muss sich innerhalb von Europa für einen menschenwürdigen Umgang mit Geflüchteten einsetzen und soll sich an Rettungsaktionen im Mittelmeer beteiligen.
  • sich die Schweiz für sichere Fluchtrouten einsetzt und das Botschaftsasyl wieder einführt.
  • sich die Schweiz für eine Neugestaltung des Dublin-Systems einsetzt, damit die persönlichen Umstände von Menschen auf der Flucht berücksichtigt werden können (familiäre Beziehungen, Sprachkenntnisse, Bildungsstand); damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Demographie eines Landes für die Verteilung der geflüchteten Menschen ausschlaggebend sind – und nicht der Ankunftsort derselben; damit besonders verletzliche Personen (schwangere Frauen, Familien, Kranke) nicht mehr aufgrund der Dublin-Regelung zurückgeschickt werden.
  • eine faire, den Grundrechten verpflichtete Asylpolitik umgesetzt wird. Asylsuchende haben das Recht auf ein rechtsstaatlich korrektes und zügiges Verfahren mit einer unabhängigen Rechtsvertretung. Asylgründe wie die sexuelle Orientierung, die Geschlechtsidentität oder Frauendiskriminierung müssen stärker berücksichtigt werden.
  • die Durchsetzungshaft für Migrant*innen in der Schweiz abgeschafft wird.
  • legale Einwanderungsmöglichkeiten für Menschen aus Drittstaaten geschaffen werden (ohne Beschränkung auf Führungskräfte, Spezialist*innen sowie qualifizierte Arbeitskräfte).
  • Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Abgewiesene, bei denen eine Rückführung nicht möglich ist, rasch in den Arbeitsmarkt integriert werden.
  • die Schweiz die Flüchtlingskontingente im Rahmen der UNHCR erhöht und dabei unbegleitete minderjährige Asylsuchende besonders berücksichtigt.
  • Grundrechte auch für Sans-Papiers gelten. Wir fordern eine kollektive Regularisierung aller Sans-Papiers, die vier Jahre in der Schweiz gelebt haben.
  • Menschenhandel und moderne Sklaverei schweizweit bekämpft werden und die Zahl der Verurteilungen steigt. Um die Anzahl der Meldungen zu erhöhen, braucht es nebst der nationalen Meldestelle genügend Kontaktpersonen. Des Weiteren ist eine spezifische Strafnorm nötig für Arbeitsausbeutung, die ausserhalb des Kontexts von Menschenhandel geschieht. Und nicht zuletzt muss die Sensibilisierung der Bevölkerung intensiviert und auf nationaler Ebene koordiniert werden.