Mit dem unnötigen Verhandlungsabbruch hat der Bundesrat die Schweiz in eine Sackgasse geführt – ohne einen Plan B zu haben. Es braucht jetzt dringend eine Auslegeordnung, welche die Vor- und Nachteile aller europapolitischen Optionen aufzeigt.
Balthasar Glättli, Präsident GRÜNE Schweiz, Nationalrat ZH

Auch drei Wochen nach dem unnötigen Verhandlungsabbruch ist keine Strategie ersichtlich, wie der Bundesrat die Schweiz aus der selbstverschuldeten europapolitischen Sackgasse führen will. Zudem bleiben zentrale Fragen über die Zukunft der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU offen.

Die GRÜNEN haben seit 2019 gefordert, dass der Bundesrat ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU abschliesst. Der GRÜNE Lösungsvorschlag: Die Schweiz sollte der EU weniger Steuerdumping garantieren – und im Gegenzug von der EU Schutz vor Lohndumping zugesichert erhalten.

Statt am Verhandlungstisch Lösungen zu suchen, haben Aussenminister Ignazio Cassis und der Gesamtbundesrat einen Scherbenhaufen verursacht, welcher die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU erschweren wird. Das zeigt auch ein Dokument, welches der Bundesrat aufgrund des Drucks aus dem Parlament und Seitens der GRÜNEN nun zumindest auszugsweise veröffentlicht hat. Darin werden die teilweise schwerwiegenden Folgen eines Verhandlungsabbruchs in unterschiedlichen Politikbereichen aufgelistet – z.B. im Bereich der Versorgungs- und Patient*innensicherheit oder bei dem für die Hochschulen essenziellen Horizon-Paket. Es ist für die GRÜNEN befremdlich, dass der Bundesrat in Kenntnis dieser Auswirkungen – und ohne Vorliegen eines glaubwürdigen Plan B oder einer europapolitischen Strategie – dem Verhandlungsabbruch zustimmen konnte.

Vor der heutigen europapolitischen Debatte im Nationalrat fordert die Grüne Fraktion darum mit einem Postulat, dass der Bundesrat eine Auslegeordnung vornimmt, welche die Vor- und Nachteile sowie die Auswirkungen aller euroapolitischen Optionen aufzeigt. Die Grüne Fraktion hat ausserdem eine Interpellation mit 19 dringlichen Fragen eingereicht, die sich nach dem Verhandlungsabbruch stellen. Die grösstenteils ausweichenden schriftlichen Antworten des Bundesrates zeigen exemplarisch auf, dass eine seriöse europapolitische Auslegeordnung dringend angezeigt ist.