Die Ausschaffungsinitiative ist ganz klar abzulehnen, weil ihre Umsetzung gegen Grundrechte (wie das Recht auf Familienleben), Grundprinzipien der Bundesverfassung, völkerrechtliche Ver­pflichtungen sowie das EU-Freizügigkeitsabkommen verstossen würde. Da eine Aufkündigung der bilateralen Verträge mit der EU kaum zu erwarten ist, träfe sie ausschliesslich ImmigrantInnen aus Drittstaaten.

Der direkte Gegenvorschlag ist zwar formell mit dem Völkerrecht und dem Frei­zügig­keitsabkom-men mit der EU konform, greift aber inhaltlich die Ziele der SVP auf. Er richtet sich ausdrücklich nur gegen AusländerInnen aus Nicht-EU-Staaten. Sie sollen ebenfalls auto­ma­tisch ihr Aufent-haltsrecht verlieren, wenn sie wegen einer Tat verurteilt werden, für die eine Mindeststrafe von einem Jahr gilt, oder wenn sie eine zweijährige Freiheits- oder eine entsprechende Geldstrafe erhalten – und dies auch, wenn das Strafmass erst durch das Zusammenzählen klei­ne­­rer Strafen über einen Zeitraum von zehn Jahren erreicht wird. Ebenso betrifft der Gegen­vor­schlag MigrantInnen vollkommen unabhängig davon, ob sie hier aufgewachsen oder geboren sind.

Eine bedingte Strafe, die eine automatische Wegweisung nach sich zieht, ist keine bedingte Strafe mehr. Beide Vorlagen würden ein Sonderrecht für MigrantInnen schaffen. Das geht nicht. Schliesslich müssen vor dem Gesetz alle Menschen gleich sein.

Ausschaffungen finden schon statt

Das geltende Recht erlaubt im Übrigen bereits heute die Ausschaffung von AusländerInnen. Bei schwerwiegenden Straftaten mit einer längeren Freiheitsstrafe ist selbst die Widerrufung der Niederlassungsbewilligung möglich. Die Behörden entscheiden von Fall zu Fall. Würden Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligungen dagegen automatisch widerrufen, würden die Behörden, insbesondere die kantonalen, ihres Ermessensspielraums beraubt.

Ein doppelte Lüge 

Es ist eine doppelte Lüge, das Schweizer Volk glauben zu lassen, mit einem Ja zur Initiative oder zum Gegenvorschlag könne es das Problem der Kriminalität lösen. Erstens wird dieses Problem, bereits durch ein strenges Gesetz angegangen, und zweitens sind die vorgeschlagenen Verschärfungen unter Berücksichtigung der Verfassung und des internationalen Rechts gar nicht umsetzbar. Ein doppeltes Nein ist darum der einzig gangbare Weg.