„Lebenswerte Siedlungen und verdichtetes Bauen müssen keine Gegensätze sein. Der Bund, Kantone und Gemeinden müssen aber die richtigen Anreize setzen. Die Raumplanung auf die 11-Millionen-Schweiz auszurichten, ist nicht der richtige Weg. Es braucht stattdessen einen Mix von Fördermassnahmen, guter Planung und klaren Auflagen, damit grüne Städte mit hoher Lebensqualität entstehen“, so Alec von Graffenried. Der grüne Nationalrat aus Bern arbeitet beruflich in der Immobilienentwicklung.

Weniger Zersiedelung: der Bundesrat ignoriert den Volkswillen
Das Ja zum revidierten Raumplanungsgesetz und zur Zweitwohnungsinitiative waren Eckpfeiler für eine effizientere Nutzung der bestehenden Siedlungsflächen. Doch der Bundesrat respektiert diesen Volkswillen nicht. So tritt am 1. Mai die neue Raumplanungsverordnung in Kraft, die zur Bestimmung der Baulandreserven von der 11-Millionen-Schweiz ausgeht. Sie schafft somit keinerlei Anreize für die dringend notwendige Verdichtung des bestehenden Wohnraumes. Im Gegenteil. Auch bei der Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, die im Mai in der ständerätlichen UREK behandelt wird, schenkt der Bundesrat primär der Baulobby und nicht der Bevölkerung sein Gehör. Damit spielt er jenen in die Hände, die die Schweiz abschotten wollen, um das Kulturland nachhaltig zu schützen.

Grüne Lösungen für dichteres Bauen mit hoher Lebensqualität
Um das Kulturland effektiv zu schützen, muss der bestehende Wohn- und Siedlungsraum besser genutzt werden. Dafür sind die folgenden Massnahmen nötig:

1. Konsequente Raum- und Siedlungsplanung: Gemeinden und Kantone müssen in ihrer Siedlungs- und Richtplanung zuerst die Potentiale der Verdichtung nutzen, bevor sie neue Bauzonen schaffen. Ihre Zonenpläne sollten entsprechend angepasst werden. Zonen, die Gebäude auf zwei Stockwerke limitieren und die attraktive Überbauungen verhindern sowie tiefe Nutzungsziffern sind beispielsweise zu überdenken. Siedlungen, die auf Wachstum setzen, sollten bei ihrer Planung Projekte zur Verdichtung priorisieren. Dies gilt insbesondere auch für ländliche Gemeinden.

2. Bestehenden Wohnraum besser nutzen: Der Bund soll Fördermittel bereitstellen oder Steuererleichterungen gewähren, damit Gebäudebesitzer mehr Wohnraum in bestehenden Häusern schaffen oder diese durch neue Häuser mit mehr Wohneinheiten ersetzen können. Auch flexible und modular aufgebaute Gebäude sind zu fördern. Die Lebensumstände der Menschen ändern sich laufend. Wer heute mit einer Familie ein Einfamilienhaus bewohnt, ist morgen vielleicht alleine und wäre froh, eine Etage umzubauen und zu vermieten.

3. Lebenswerte Siedlungen schaffen: Projekte zur Verdichtung sollten Kriterien zur Verbesserung der Lebensqualität berücksichtigen. Begegnungszonen, Grünflächen, Verkehrsberuhigung und Spielplätze sind dafür zentral. Leider sind sie wirtschaftlich nicht rentabel. Der Bund muss daher geeignete Fördermittel bereitstellen, beispielsweise in seinem Agglomerationsprogramm. Daneben braucht es aber auch eine gute Mischung von Wohnraum und Gewerbe sowie Massnahmen zur Reduktion des Verkehrs. Anlass der Medienkonferenz ist der internationale Earth Day, der dieses Jahr die Grünen Städte zum Thema hat. Der Tag der Erde wird alljährlich am 22. April in über 190 Ländern begangen und soll die Wertschätzung für die natürliche Umwelt stärken. Mehr als die Hälfte der weltweiten Bevölkerung lebt in Städten, in der Schweiz sind es sogar rund dreiviertel.