Resolution «Schluss mit dreckigen Geschäften»
Der Angriffskrieg von Putins Regime gegen die Ukraine fällt in eine Zeit und in eine Welt, die bereits von der Klimakrise, vom Kampf um Rohstoffe und von geopolitischen Spannungen geprägt ist. Die auf dem Völkerrecht basierende internationale Ordnung, die gerade für kleine Staaten wie die Schweiz so wichtig ist, erscheint so fragil wie schon lange nicht mehr.
Die Schweiz muss deshalb ihr internationales Engagement für eine nachhaltige Friedens- und Sicherheitspolitik verstärken (Resolution «Für eine feministische Schweizer Aussenpolitik im Dienste von Menschenrechten und Demokratie») und gleichzeitig ihre Energie-, Rohstoff- und Aussenhandelspolitik neu ausrichten, um nicht die Konflikte und Kriege anderer Staaten zu befeuern (Resolution «Schluss mit dreckigen Geschäften»).
Für eine friedensfördernde Energie-, Rohstoff- und Aussenhandelspolitik der Schweiz
Viele autokratische Regime sichern ihre Macht mit dem Export von fossilen Brenn- und Treibstoffen sowie von Uran. Deren Einsatz ist also nicht nur klima- und umweltschädlich, sondern er macht unsere Gesellschaft auch abhängig von Staaten wie Russland und finanziert deren Kriege. Es ist kein Zufall, dass heute rund 80 Prozent der russischen Rohstoffe über die Schweiz gehandelt werden und dass die Schweiz noch immer fast die Hälfte ihres Gasverbrauchs aus Russland deckt. Dieser Zustand ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen verfehlten Politik der bürgerlichen Parteien. Einer Politik, welche die Energiewende aktiv sabotiert und so die Abhängigkeit der Schweiz von russischem Öl und Gas erst zementiert hat. Einer Politik, welche mit einer aggressiven Tiefststeuerstrategie den globalen Rohstoffhandel in der Schweiz angesiedelt und diesen dank fehlender Regulierung und Transparenzvorschriften der rechtstaatlichen Kontrolle entzogen hat.
Es ist also eine der zentralsten friedenspolitischen Aufgaben der Schweiz, endlich ihre Energie- und Rohstoffpolitik sowie ihre internationale Wirtschafts- und Handelspolitik neu auszurichten.
Für die GRÜNEN muss die Schweizer Energie-, Rohstoff- und Aussenhandelspolitik auf folgenden Pfeilern stehen:
- Friedens- und Freiheitsenergien ausbauen: Die Senkung des Energieverbrauchs und der massive Ausbau der erneuerbaren Energien ist der wirksamste und umweltfreundlichste Weg, die Klimaerhitzung zu begrenzen, die Abhängigkeit der Schweiz von autokratischen Regimen zu reduzieren sowie die Finanzierung von deren Kriegsmaschinerie zu beenden. Diese Massnahmen machen uns zudem unabhängiger von Preisschwankungen fossiler Energieträger, die massgeblich für die derzeitige Inflation verantwortlich sind. Die Schweiz muss darum alle Hebel in Bewegung setzen, um den Verbrauch von fossilen Brenn- und Treibstoffen einzudämmen. Und sie muss so schnell als möglich den Import von russischem Gas, Öl und Uran beenden und anschliessend komplett aus dem Verbrauch von fossilen Brenn- und Treibstoffen aussteigen. Jedes Solarpanel, das in diesem Sommer installiert wird, jedes Haus, das saniert wird und jede Gas- und Ölheizung, die bis zum nächsten Winter ersetzt wird, macht uns unabhängiger, freier und stärkt den Frieden. Wir GRÜNE setzen uns mit der Klimafonds-Initiative für Einsparungen beim Verbrauch und den Ausbau der erneuerbaren Energien ein. Dazu soll sich die Schweiz auch an der europäischen Solarallianz für den Wiederaufbau der europäischen Solarindustrie beteiligen, das uns erlaubt von China unabhängig zu werden. Zudem braucht es eine Offensive für die Ausbildung und die Umschulung von Fachkräften.
- Rohstoffhandel regulieren: Der Schweizer Rohstoffhandelsplatz finanziert nicht nur die russische Kriegsmaschinerie, sondern er ist weltweit verwickelt in Fälle von Korruption, Geldwäscherei, Steuerhinterziehung, Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen. Es ist an der Zeit, auch diesen Sektor endlich einer rechtsstaatlichen Kontrolle zu unterstellen – mit der Schaffung einer unabhängigen Rohstoffmarktaufsicht, eines Registers der wirtschaftlichen Berechtigten sowie eines griffigen Lieferkettengesetzes, wie dies die Konzernverantwortungsinitiative in der Schweiz gefordert hat und wie es auf europäischer Ebene vorangetrieben wird.
- Steuerdumping beenden: Mit einem aggressiven Tiefststeuerwettbewerb haben die Schweiz und Kantone wie Zug, Genf oder Waadt den globalen Rohstoffgiganten, russischen Staatsunternehmen sowie schwerreichen Oligarch*innen jahrelang den roten Teppich ausgerollt. Die Leidtragenden dieser verfehlten Steuerpolitik sind primär die Länder des globalen Südens, welchen wichtiges Steuersubstrat und somit auch staatliche Handlungsfähigkeit entzogen wird. Es ist nun an der Zeit, dass die Schweiz auch steuerpolitisch ihre globale Verantwortung wahrnimmt und, neben einer Abschaffung der Pauschalbesteuerung, auch Hand bietet für eine Umsetzung der globalen Mindeststeuer, welche zu mehr und nicht zu weniger globaler Steuergerechtigkeit führt.
- Wiederaufbau finanzieren: Die Profiteure des schrecklichen Krieges in der Ukraine, deren Erträge aufgrund von Unsicherheit, Wucher und Spekulation durch die Decke gehen, müssen einen fairen Anteil zur Behebung der wirtschaftlichen Schäden beitragen. Wir GRÜNE setzen uns darum für die Einführung einer Kriegsgewinnsteuer ein, deren Erträge primär zur Unterstützung des Wiederaufbaus und für einen Schuldenerlass der Ukraine sowie zur Bekämpfung der durch Russland bewusst hervorgerufenen globalen Hungerkrise eingesetzt werden. Wir fordern ausserdem, dass sich die Schweiz massgeblich an den europäischen Bemühungen für den ukrainischen Wiederaufbau beteiligt, im Sinne von Punkt 6 (Geschlechtergleichstellung und Inklusion) und 7 (Nachhaltigkeit) der Lugano-Deklaration.
- Handel nachhaltig gestalten: Auch durch den Handel und die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ländern, in denen Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden systematisch und systembedingt sind, macht sich die Schweiz mitschuldig. Sie trägt dazu bei, Ungleichheiten und Spannungen zu verstärken, die zu gewalttätigen Konflikten führen können. In diesem Zusammenhang verurteilen wir GRÜNE den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit China als Beispiel für eine internationale Wirtschaftspolitik, welche die Augen selbst vor den schwersten Menschenrechtsverletzungen verschliesst. Wir GRÜNE setzen uns für eine internationale Wirtschaftspolitik ein, welche die Rahmenbedingungen für eine friedliche wirtschaftliche und soziale Entwicklung schafft und verbindlichen Nachhaltigkeitsbestimmungen in bestehenden und neuen Handelsabkommen voraussetzt.
- Die Politik des Bundesrates gegenüber Europa hat uns zunehmend in die energiepolitische Isolation getrieben, die jetzt sogar unsere Energieversorgung gefährden könnte. Die gegenwärtige Notlage führt uns vor Augen, wie die Solidarität unserer Nachbarländer mit der Schweiz durch die gegenwärtige Europapolitik untergraben wird. Wie in der Resolution der GRÜNEN zur Europapolitik vom 15. Januar 2022 festgehalten, fordern wir GRÜNE deshalb eine sofortige Wiederaufnahme formeller Verhandlungen mit der EU, um für den Energiemarkt, aber auch in den anderen Dossiers wie Forschung, Personenfreizügigkeit oder den Kampf gegen den Klimawandel rasch zu einer Einigung zu finden. Die vom Bundesrat fahrlässig und alternativlos abgebrochenen Verhandlungen zum Rahmenabkommen mit der EU sollen wieder aufgenommen werden.