In Kürze:

  • Pro: Mit der Einführung einer globalen Mindeststeuer sollen grosse Konzerne, die einen Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro erwirtschaften, mindestens 15% Steuern auf ihren Gewinn bezahlen. Das ist ein historischer Fortschritt für mehr internationale Steuergerechtigkeit: Es setzt dem internationalen Tiefsteuerwettbewerb eine erste, wenn auch viel zu tiefe, Grenze.

  • Contra: Gleichzeitig wurden in der Umsetzung wichtige Anliegen von uns GRÜNEN nicht umgesetzt. Die konkrete Ausgestaltung der Vorlage droht den interkantonalen Steuerwettbewerb weiter zu befeuern. Und eine Verwendung der Erträge zur Unterstützung des globalen Südens ist nicht vorgesehen.

  • Empfehlung: Die GRÜNEN empfehlen aus diesen Gründen die Stimmfreigabe zur Umsetzung der globalen Mindeststeuer in der Schweiz.

Im Rahmen eines Projekts der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie dem Zusammenschluss der wirtschaftlich wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) haben sich rund 140 Staaten – darunter auch die Schweiz – auf neue Regeln der Unternehmensbesteuerung geeinigt. Neu sollen grosse, international tätige Konzerne mit einem Umsatz von mehr 750 Millionen Euro mindestens 15% Steuern auf ihren Gewinn entrichten. Viele dieser Konzerne bezahlen in der Schweiz heute geringere Gewinnsteuersätze, insbesondere wenn sie in Tiefsteuerkantonen angesiedelt sind. Die Mindestbesteuerung kann aber auch in Kantonen unterschritten werden, die gesetzliche Steuersätze von über 15% aufweisen – etwa wenn ein Unternehmen von Sonderregelungen, wie z.B. einer ermässigten Besteuerung des Gewinns aus einem Patent, profitiert.  

Die Umsetzung dieser globalen Mindeststeuer in der Schweiz erfolgt durch die Einführung einer Ergänzungssteuer für Unternehmen mit mindestens 750 Millionen Euro Umsatz, die heute weniger als 15% Gewinnsteuer bezahlen. Alle anderen Unternehmen sind nicht von dieser Reform betroffen. Die Ergänzungssteuer wird zu zusätzlichen Einnahmen in Höhe von rund 1-2.5 Milliarden Franken führen. Diese Einnahmen gehen zu 75% an jene Kantone, in welchen die Unternehmen bisher tiefer besteuert wurden. Die übrigen 25% der Einnahmen stehen dem Bund zu, wovon ein Teil allerdings wieder in den nationalen Finanzausgleich fliesst.  

Grundsätzlich ist die globale Einführung einer Mindeststeuer ein historischer Fortschritt im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit und einer internationalen Harmonisierung der Unternehmenssteuern. Sie setzt dem globalen Tiefsteuerwettbewerb, der massgeblich auch durch die Schweiz angeheizt wird und der vielen Ländern des globalen Südens wichtige Steuereinnahmen entzieht, eine erste, wenn auch tiefe, Grenze. Gleichzeitig verleibt mit der Variante, die jetzt zur Abstimmung steht, ein Grossteil der Einnahmen in wenigen Tiefsteuerkantonen mit einer hohen Dichte an grossen Unternehmen. Die Kantone können selbständig über die Verwendung dieser Einnahmen entscheiden und sie auch für neue nichtfiskalische Standortfördermassnahmen verwenden. V.a. in bürgerlich regierten Tiefsteuerkantonen dürfte dies auch geschehen. Völlig aus dem Blickfeld geriet in der Beratung zudem, dass eigentlich zumindest ein Teil der Einnahmen den Ländern des globalen Südens hätte zugutekommen müssen.  

In der parlamentarischen Beratung haben sich die GRÜNEN vergeblich für eine gerechtere Umsetzung der OECD-Mindeststeuer in der Schweiz eingesetzt. Namentlich sollte ein möglichst grosser Teil der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer beim Bund verbleiben. Statt neuer Standortförderungsmassnahmen hätten damit Investitionen getätigt werden können, welche den Klimaschutz stärken und der Erreichung der UNO-Nachhaltigkeitsziele dienen – wie etwa die Unterstützung von Unternehmen bei der Dekarbonisierung ihrer Geschäftstätigkeiten oder der Ausbau der internationalen Klimafinanzierung. Damit hätten die Einnahmen, die zu einem substanziellen Teil aus Gewinnverschiebungen aus ärmeren Staaten stammen, auch teilweise in die Herkunftsländer zurückverteilt werden können.  

Die Schweiz ist nicht dazu verpflichtet, die globale Mindeststeuer umzusetzen. Bei einer Ablehnung der Vorlage könnte die Schweiz also auf eine Umsetzung verzichten. In diesem Fall können die Tochterunternehmen von in der Schweiz ansässigen Konzernen im Ausland nachbesteuert werden. Bei einer Ablehnung könnte die Schweiz auch eine OECD-konforme föderale Umsetzung – namentlich eine Anhebung der Unternehmenssteuern für alle Unternehmen auf 15% – beschliessen. Unabhängig davon, ob die Unternehmen im Ausland nachbesteuert oder ob die Schweiz ihre Unternehmenssteuern auf 15% erhöht, werden die Gewinnverschiebungen aber nicht an die Ursprungsländer zurückverteilt. Denkbar wäre schliesslich auch eine neue nationale Umsetzungsvorlage.  

Zusammenfassend ist der international festgelegte Mindeststeuersatz von 15% zu tief angesetzt, um die Ungerechtigkeiten des globalen Steuersystems zu beheben. Und auch die Umsetzung in der Schweiz entspricht nur teilweise unseren im Parlament eingebrachten Vorschlägen für eine gerechte Verteilung der Mehreinnahmen. Gleichzeitig ist die Einführung einer globalen Mindeststeuer ein historischer Fortschritt im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit. Mit einer erstmaligen Begrenzung des globalen Tiefsteuerwettbewerbs wird eine langjährige Forderung der GRÜNEN umgesetzt, die zudem zu zusätzlichen Steuereinnahmen von mindestens einer Milliarde Franken führt. Die GRÜNEN empfehlen deshalb die Stimmfreigabe zur Umsetzung der OECD-Mindeststeuer in der Schweiz.