Fragenkatalog

1. Sind Sie mit der generellen Stossrichtung einverstanden?

Die Grünen Schweiz fordern in ihrem Positionspapier zur Bildungspolitik vom April 2005, dass der gesamte Bereich der Tertiärbildung beim Bund anzusiedeln ist. Diese Aufgabe – so eine weitere Forderung der Grünen – soll ein einziges, neu zu schaffendes Bundesamt für Bildung übernehmen.

Die Diskussion um ein, in einem Departement angesiedelten, Bundesamt für Bildung, ist in der Zwischenzeit lanciert. Und mit der breiten Zustimmung – auch der Grünen – zur Bildungsverfassung, hat sich eine Mehrheit für die koordinierte Steuerung des Hochschulbereiches durch Bund und Kantone ausgesprochen. Dieser Verfassungsartikel fordert aber unseres Erachtens keineswegs zwingend die nun erfolgte schwerfällige und undemokratische Steuerungsinstanz auf Gesetzesebene. Der Entwurf muss deshalb in unseren Augen grundsätzlich überarbeitet werden. Ein schlankes Rahmengesetz, das sich auf Ausgestaltung der Koordinationsaufgaben beschränkt, würde genügen.

Neben dieser grundsätzlichen Kritik haben wir gegenüber dem vorgelegten Gesetzesentwurf zu Art. 63 a der Bundesverfassung weitere Bedenken, die bei der Beantwortung der weiteren Fragen einbringen werden.

Diese sind einerseits demokratiepolitischer Art, andererseits fehlen wichtige Elemente, ohne die das Gesetz unvollständig ist: Praktisch ausgeklammert werden im Entwurf die Nachhaltigkeits- und Genderfrage, die Partizipation der Studierenden und der Lehrenden und der Stipendienbereich. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahmen des WWF Schweiz und des Verbandes Schweizer Studierendenschaften VSS, deren Forderungen wir uns anschliessen.

Das Gesetz gibt vor, vereinheitlichend zu wirken und alle tertiären Bildungsbereiche zu umfassen. In Tat und Wahrheit bleibt das ETH-Gesetz als eigenständiges Gesetz bestehen, während dem das Fachhochschulgesetz aufgehoben werden soll. Die Regelungskompetenz für die Fachhochschulen soll damit neu vom Bund zur Hochschulkonferenz (gebildet aus Vertretungen von Bund und Kantonen) übergehen. Der enge Bezug zur Berufsbildung, für die nach wie vor einzig der Bund zuständig ist, riskiert dabei, verloren zu gehen.
Auch sind wir nicht bereit, auf inhaltliche Errungenschaften wie die Beachtung des Nachhaltigkeitskriteriums bei der Akkreditierung, die im Fachhochschulgesetz verankert wurde, zu verzichten. Das HFG darf nicht hinter das FHG zurückfallen! Wir sprechen uns deshalb für Beibehaltung des Fachhochschulgesetzes aus. Dieses soll um die Koordinationsartikel ergänzt werden.

Höchst problematisch ist, dass alle Entscheidkompetenzen in Bezug auf wichtige Fragen wie Zugangsregelung, Einführung eines Numerus Clausus, Mitwirkung der Studierendenschaft und des Lehrkörpers, den Parlamenten und dem Volk entzogen und einzig und allein ExekutivvertreterInnen überlassen wird.

2. Unterstützen Sie die Einrichtung der vorgesehenen gemeinsamen Organe mit den entsprechenden Zuständigkeiten?

Abgesehen von der oben erwähnten demokratiepolitisch heiklen Zusammensetzung der Hochschulkonferenz ist die vorgeschlagene Organisationsform komplex und unübersichtlich.

  • Es stellt sich uns zum Beispiel die Frage, ob es für die Hochschulrektorenkonferenz tatsächlich eine Gesetzesgrundlage braucht.
  • Auch geht aus den Gesetzesbestimmungen nicht klar hervor, in welchem Verhältnis der Schweizerische Wissenschafts- und Innovationsrat zu den im Forschungsgesetz genannten Organen steht. Wir sind auf jeden Fall der Ansicht, dass die Forschungspolitik einzig und allein beim Bund anzusiedeln ist.
  • Die Mitwirkungsrechte der Hochschulangehörigen sind im Gesetz verbindlich zu regeln.
  • Bei der Aufzählung der Zuständigkeit des Hochschulrats sind auch Kompetenzen für die Harmonisierung der Stipendien aufzuführen.

3. Sind Sie mit dem vorgeschlagenen Akkreditierungssystem einverstanden?

Ja – für die Universitäten, die sich international gesetzten Standards (unabhängige Akkreditierungs-Instanz) stellen müssen.

Nein – für die Fachhochschulen, für die sich die Akkreditierung durch das EVD bewährt hat. Das Akkreditierungsverfahren für Fachhochschulen (FHSG Art.16 ff) ist vom Gesetzgeber nach langem Ringen erst im Jahr 2005 beschlossen worden.

Nicht akzeptabel ist für uns, dass die Definition der Zugangsanforderungen an die Fachhochschulen (bzw. an alle Hochschulen) bloss durch die Akkreditierungsorgane festgelegt werden soll. Der Zugang und die Zugangsanforderungen z.B. an die Fachhochschulen haben einen entscheidenden Einfluss auf die vorlaufenden Stufen, konkret auf das Berufsbildungssystem der Sekundarstufe II. Durch die Hintertür des ausgelagerten Akkreditierungsverfahrens soll nun die Zulassung zu den Fachhochschulen wieder aufgeweicht werden (Art. 26.1.b VE). Dies ist ein Rückschritt gegenüber der heutigen Regelung! Der Gesetzgeber hat 2005 nach langem Ringen den Studienzugang zu den Fachhochschulen klar so geregelt, dass neben der Berufsmaturität eine abgeschlossene Berufslehre oder ein mindestens einjähriges Praktikum erforderlich sind (FHSG Art. 5.1). Ausnahmen sind bei den GSK-Berufen (Gesundheit, Soziales, Kunst) möglich, bei denen die Kantone (Gesundheitsdirektor/innen- bzw. Erziehungsdirektor/innen) für die Regelung beigezogen werden.

Wir möchten darauf hinweisen, dass mit der Öffnung der Fachhochschulen für Absolventen der gymnasialen Maturität zwei Folgewirkungen verbunden sind: Erstens bedeutet dies eine Abwertung der Berufsbildung in den vorlaufenden Bildungsgängen der Sekundarstufe II. Und zweitens wird die Fachhochschule abgewertet zu einem „Überlaufmodell“ für die Universitäten. Die Festlegung des Studienzugangs ist deshalb dem Gesetzgeber und nicht einer Akkreditierungsbehörde, die keine politische Verantwortung trägt, zu überlassen.

4. Welcher der beiden Varianten für die Organisation von Akkreditierungsrat und nationaler Akkreditierungsagentur geben Sie den Vorzug?

Wir bevorzugen Variante 1, d.h. die Unterstellung der Agentur unter den Schweizerischen Akkreditierungsrat.

5. Wie beurteilen Sie die gemeinsame strategische Planung und die Aufgabenteilung in den besonders kostenintensiven Bereichen?

Eine nationale strategische Planung und Aufgabenteilung im Hochschulbereich ist aus Sicht der Grünen nötig. Die Entscheidkompetenz und die Prioritätensetzung durch den Bund, besonders in den kostenintensiven Bereichen, muss allerdings gestärkt werden
(Anpassung Art. 37).

6. Wie beurteilen Sie das vorgeschlagene Finanzierungssystem, insbesondere die Grundsätze zur gemeinsamen Ermittlung des Finanzbedarfs, die Einführung von Referenzkosten und die Ausrichtung der Bundesbeiträge?

Nicht einverstanden sind wir mit der Festlegung des Beitragssatzes bei den Fachhochschulen. Für diese ist ein Grundbeitrag von einem Drittel, also von 33 Prozent, einzusetzen, wie dies wie dies im Bundesgesetz über die Fachhochschulen (Fachhochschulgesetz, FHSG) vom 6.10.95 im Artikel 19.1 festgelegt ist. Wir fordern eine entsprechende Änderung von Art. 47.b.

Ebenfalls nicht einverstanden sind wir mit den Kriterien „Anzahl der Abschlüsse“ und „Kreditpunkte“, aufgrund derer die Referenzkosten für den Anteil Lehre teilweise ausgerechnet werden sollen. Diese Kriterien sind ausschliesslich Output orientiert. Die Grünen sind der Ansicht, dass eine qualitativ hochstehende Lehre, die das Ziel der Hochschulförderung sein muss, nur mit Kriterien erreicht werden kann, die sich stärker am Input orientieren. Wir beantragen deshalb, die Einführung der Lehrpunkte als Kriterium für die Bemessung.

7. Welche weiteren Bemerkungen haben Sie zur Vernehmlassungsvorlage?

Die Vorlage muss gründlich überarbeitet werden. Eine Anpassung muss auch im Hinblick auf Nachhaltigkeits- und Genderfragen, im Hinblick auf den Stipendienbereich, auf die Mitbestimmung der Studentinnenschaften und der Lehrenden angepasst werden.