«Jetzt können nur noch die Finanzkontrolle und das Parlament für Transparenz sorgen», kommentiert Nationalrätin Marionna Schlatter (ZH, Grüne) die heute veröffentlichte Armeebotschaft. Nationalrätin Priska Seiler Graf (ZH, SP) ergänzt: «Die technischen und finanziellen Risiken des F-35 Projektes sind immens. Es bleibt beispielsweise das Rätsel des Bundesrates, wie er im Rüstungsprogramm 2021 zur Beschaffung von ein paar Anhängern mit 3 % einen doppelt so hohen Risikozuschlag vorsehen konnte, wie jetzt mit 1,5 % beim F-35A.» Der F-35 befindet sich in den USA rechtlich noch immer im Entwicklungsstadium; erst kürzlich verweigerte ihm das Pentagon erneut den Status der vollen Serienreife. Festpreise sind so ausgeschlossen. «So oder so offeriert die US-Regierung nur geschätzte Preise. Das finanzielle Risiko liegt immer allein beim Kunden; auch dazu findet sich in der Armeebotschaft kein Wort», fügt Schlatter an. 

«Holte der Tarnkappenbomber F-35A im Evaluationsverfahren am meisten Punkte, weil er am besten für präventive Überraschungsangriffe Hunderte von Kilometern ausserhalb der Schweiz geeignet ist?», fragt sich Anna Lindermeier von der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA). Auch zum Stellenwert solcher Missionen, die das VBS im Auswahlverfahren vorgab, bietet die Armeebotschaft keinerlei Klärung. Vor zehn Jahren legte der Bundesrat bei der Evaluation des Tiger-Teilersatzes (TTE) die Subkriterien noch offen, an denen er die Kampfjets mass. Diesmal erklärt er die 20 Subkriterien und 79 so genannten «Bewertungsthemen» aber zur geheimen Verschlusssache. Nur der Luftwaffenchef und die NZZ durften kürzlich ein paar Häppchen dieser angeblichen Geheimnisse ausplaudern. 

Solange über die Punktevergabe keine Klarheit geschaffen wird, bleibt es ein Rätsel, wie ein Jet, der besonders lange braucht, um zu starten, langsamer als andere aufsteigt, langsamer beschleunigt und zu keinen abrupten Manövern fähig ist, vom VBS als bester Jet für Luftpolizei und den Schutz des Schweizer Luftraums bezeichnet wird. Diese Aufgaben stellte der Bundesrat im Abstimmungsbüchlein vom Herbst 2020 

aber ins Zentrum seiner Argumentation. Von der Fähigkeit zu Präventivschlägen weit ausserhalb der Schweiz war da nie die Rede. «Dazu hätte es nie eine Mehrheit gegeben», zeigt sich Anna Lindermeier überzeugt. «Deshalb ist unsere Stop-F-35-Initiative so wichtig», fügt sie an. 

«Wir müssen endlich lernen, sachlich und demokratisch über unterschiedliche sicherheitspolitische Konzepte zu diskutieren», ergänzt Priska Seiler Graf und betont: «Auch wir stehen hinter einer Luftpolizei. Aber wir brauchen dafür geeignete, deutlich kostengünstigere, europäische Jets. Die Rückkehr zur Luft-Boden-Bombardierungsfähigkeit lehnen wir ab. Das vom Volk bewilligte Geld muss für eine andere, zukunftsgerichtete Sicherheitspolitik umverteilt werden inkl. Cyber und Schutz vor Mini-Drohnen.» Nach Lektüre der Armeebotschaft bleiben zu viele Fragen offen: zum haarsträubenden Lärm, der unverantwortlich zusammengekürzten Ausbildung der F-35-Pilot*inen und der fragwürdigen Bewaffnung des Jets finden sich allein Floskeln.