Der Angriffskrieg von Putins Regime gegen die Ukraine fällt in eine Zeit und in eine Welt, die bereits von der Klimakrise, vom Kampf um Rohstoffe und von geopolitischen Spannungen geprägt ist. Die auf dem Völkerrecht basierende internationale Ordnung, die gerade für kleine Staaten wie die Schweiz so wichtig ist, erscheint so fragil wie schon lange nicht mehr.

Die Schweiz muss deshalb ihr internationales Engagement für eine nachhaltige Friedens- und Sicherheitspolitik verstärken (Resolution «Für eine feministische Schweizer Aussenpolitik im Dienste von Menschenrechten und Demokratie») und gleichzeitig ihre Energie-, Rohstoff- und Aussenhandelspolitik neu ausrichten, um nicht die Konflikte und Kriege anderer Staaten zu befeuern (Resolution «Schluss mit dreckigen Geschäften»).

Internationales Engagement der Schweiz: Für eine Nachhaltige Friedens- und Sicherheitspolitik

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine wurde durch eine jahrelange Politik der Unterdrückung von Grundrechten und demokratischen Freiheiten in Russland ermöglicht. Das Putin-Regime wollte die demokratische Erneuerung und Hinwendung zu Europa in der Ukraine seit dem Euromaidan verhindern. Es folgte die illegale Annexion der Krim, die Unterstützung bewaffneter Separatisten in Luhansk und im Donbass und schliesslich ein brutaler und von Kriegsverbrechen begleiteter Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die militärische Aggression gegen ein demokratisches Land ist letztlich der Versuch eines autoritären Herrschers, gewaltsam die Abwendung der Ukraine aus dem vermeintlich eigenen Einflussbereich zu verhindern.

In dieser angespannten Ära muss die Schweiz ihre internationale Friedens- und Sicherheitspolitik strategisch neu ausrichten, um weltweit die Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben zu schaffen. Alle Politikbereiche und Verwaltungseinheiten müssen ihre Mitverantwortung für die Achtung und Förderung der Menschenrechte, des Rechtsstaats und der Demokratie aktiv wahrnehmen und keine sektorielle Politik (Aussenwirtschaft, Steuern, Handel, Sicherheit, Frieden, Entwicklung, Migration, Gender, Umwelt, Gesundheit usw.) darf Massnahmen ergreifen, welche im Widerspruch zur Achtung und Förderung der Menschenrechte, des Rechtsstaats und der Demokratie stehen.

Für die GRÜNEN muss die Schweizer Friedens- und Sicherheitspolitik auf folgenden Pfeilern stehen:

  • Demokratie fördern und Einhaltung des Völkerrechts garantieren: Wir setzen uns resolut für eine internationale Politik ein, welche global die Voraussetzungen schafft für eine geschlechtergerechte, vielfältige Gesellschaft mit einer starken liberalen Demokratie, einer aktiven Zivilgesellschaft und Medienfreiheit. Dies ist die wirksamste Prävention gegen autokratische Regime und deren Gewalttaten. Wir GRÜNE stützen die militärische Neutralität und militärische Bündnisfreiheit der Schweiz gemäss Neutralitätsrecht (Haager Abkommen). Diese Verpflichtung erlaubt der Schweiz auch keine Waffenexporte an Kriegsparteien. Die GRÜNEN haben sich schon immer gegen Waffenexporte ausgesprochen. Wir verlangen eine aktivere Solidaritätspolitik der Schweiz, welche sich auf die Seite des Völkerrechtsstellt. Den weltweit gigantischen Investitionen in Waffen stehen mickrige Investitionen in die Stärkung von Demokratie, Zivilgesellschaft und unabhängigen Medien gegenüber – das ist auch in der Schweiz eine bedenkliche Tatsache. Dies darf die Schweiz aber nicht daran hindern, Verantwortung zu übernehmen und international für das Völkerrecht Position zu beziehen. Die GRÜNEN verlangen, dass der Bund wieder vermehrt in die weltweite Stärkung der Demokratien und der Zivilgesellschaften investiert, beispielsweise indem er sich sowohl personell wie auch finanziell wieder am Europäischer Demokratiefonds (EED) beteiligt.
  • Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit: Es ist zentral, dass wir die Menschen in ihren politischen Rechten und zivilen Freiheiten genauso wie in ihrer persönlichen Sicherheit stärken. Die Richtschnur dafür sind die universellen Menschenrechte, also sowohl bürgerliche und politische wie auch wirtschaftliche, kulturelle und soziale Rechte. Über die letzten Jahrzehnte hat die Schweiz viel zu grosszügig über Menschenrechtsverletzungen hinweggeschaut – auch in Osteuropa. Wir wollen eine Schweiz, die sich für die Lösung von Konflikten einsetzt, bevor sie zu Kriegen werden; eine Schweiz also, die sich aktiv für die Stärkung des internationalen Rechtsrahmens, die Menschenrechte, das Völkerrecht und die Rechtsstaatlichkeit generell einsetzt. Der Bund muss seine Bestrebungen für die Stärkung des Völkerrechts ausbauen, indem er die Verfolgung und Aufarbeitung von Kriegsverbrechen weltweit unterstützt und indem er die Universelle Zuständigkeit[1] für Kriegsverbrechen umsetzt und die dazu nötigen Ressourcen bereitstellt.
  • Klima-Aussenpolitik: Die Klimakrise verschärft die globalen Spannungen und multipliziert Konfliktrisiken – insbesondere in Regionen, die durch Armut und schwache staatliche Strukturen geprägt sind. Klimaschutz ist Sicherheitspolitik. Doch ein erhöhtes Militärbudget wird diese Risiken in keiner Weise verringern. Die Schweiz soll deshalb die Mittel aus dem erhöhten Militärbudget dazu verwenden, ihren Beitrag an die internationale Klimafinanzierung zu erhöhen. Zudem soll sie den Flüchtlingsstatus für Personen einführen, die wegen Naturkatastrophen geflüchtet sind, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen.
  • Feministische Aussenpolitik: Die aktuelle weltpolitische Lage stärkt durch die Militarisierung traditionelle Rollenbilder. Gerade in der Aussen- und Sicherheitspolitik ist deshalb auch die Gender-Perspektive wichtig, welche die Interessen und Rechte aller Menschen gemäss der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gleichwertig berücksichtigt. Denn in militarisierten Gesellschaften und in bewaffneten Konflikten nimmt die psychische und physische Gewalt insbesondere gegen Frauen zu. Deshalb verlangen wir GRÜNE eine Strategie für eine geschlechtergerechte Aussenpolitik, die auch die Umsetzung der UNO Sicherheitsratsresolution 1325 (Frauen, Frieden und Sicherheit, 2000) als Priorität setzt. Für eine verbindliche feministische Schweizer Aussenpolitik braucht es im Rahmen dieser Strategie auch Standards, Kontroll- und Korrekturmechanismen.[2]
  • Europäische Zusammenarbeit und Engagement in der Weltgemeinschaft: Der Platz der Schweiz liegt in der Wertegemeinschaft Europas. Das Schweizer Engagement für die Friedensförderung und -sicherung ist unser aktiver Beitrag an die europäische Sicherheitsarchitektur – durch die Stärkung des Europarates und seinen Mechanismen zur Umsetzung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und durch die Stärkung der OSZE und ihren Beobachtungs- und Überwachungsmissionen. Die GRÜNEN setzen sich zudem dafür ein, dass die Schweiz ihre zweijährige Mitgliedschaft im UNO- Sicherheitsrat dazu nutzt, ihr internationales, friedenspolitisches Engagement neu zu lancieren – und dabei die Förderung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Geschlechtergerechtigkeit im Kontext der Klimakrise ins Zentrum stellt.

    Resolution als PDF

[1] Auf der Grundlage der Universellen Zuständigkeit können schwere Menschenrechtsverbrechen rund um den Globus verfolgt werden, unabhängig davon, auf wessen Territorium die Taten begangen wurden und welche Staatsangehörigkeit Täter*in oder Opfer besitzen.

[2] Zum Konzept der Feministischen Aussenpolitik siehe z.B. Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (2022): «Die Geschlechterdimension von Krieg und Frieden».