Austausch länderbezogener Berichte
Die Grünen begrüssen die aktive Mitarbeit der Schweiz am BEPS-Projekt der OECD gegen die Aushöhlung der Steuerbasis der öffentlichen Hand durch Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting, kurz: BEPS). Der vorgelegte Vernehmlassungsentwurf hat zum Ziel, die Massnahme 13 des BEPS-Aktionsplans umzusetzen, welche die Überprüfung der Verrechnungspreisdokumentation mittels länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne vorsieht. Richtig angewendet kann der Austausch von länderbezogenen Berichten global tätiger Unternehmen entscheidend zur Vermeidung von Steuerflucht und Gewinnverschiebungen in Tiefsteuergebiete durch multinationale Konzerne beitragen.
Allerdings erachten die Grünen den Gesetzesentwurf als ungenügend. Die Vorlage geht nicht weiter als die absoluten OECD-Mindestanforderungen und beschränkt sich auf einen sehr kleinen Kreis von Ländern, mit denen länderbezogene Berichte ausgetauscht werden sollen. Bei der Unterbindung unfairer und nicht nachhaltiger Steuerpraktiken durch die umfassende Einführung von griffigen Transferpreisdokumentationen multinationaler Unternehmen steht die Schweiz als grösster Offshore-Finanzplatz der Welt, als grösster globaler Handelsplatz der Rohstoffindustrie und als eines der weltweit attraktivsten Tiefsteuergebiete für multinationale Unternehmen besonders in der Verantwortung. Zwar sieht die Vorlage einen Zweitmechanismus vor, um den Länderkreis, mit denen die Informationen ausgetauscht werden, zu vergrössern. Allerdings schränken die Vorbehalte diese Alternative gleich wieder ein.
Mit dem vorliegenden Entwurf leistet die Schweiz somit höchstens einen Beitrag zur Steuertransparenz in einigen OECD-Ländern. Nicht-OECD-Länder, also fast alle Länder, die die Weltbank zu den „Upper-Middle-Income Countries“ (UMICs), den „Lower-Middle-Income Countries“ (LMICs) und den „Low-Income-Countries“ (LICs) zählt, werden vom Austausch länderbezogener Berichte so wie in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagen kaum profitieren können.
Dabei sind gerade Entwicklungsländer im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftskraft viel stärker vom Steueraufkommen einzelner grosser Unternehmen abhängig. Umso verheerender trifft sie deren Steuerfluchtpolitik: Sie untergräbt die Leistungsfähigkeit staatlicher Gemeinwesen und zementiert das Wohlstands- und Machtgefälle zwischen den Industrieländern des Nordens und den Entwicklungs-ländern im Süden. Sie behindert deren nachhaltige Entwicklung im Sinne der UNO-Agenda 2030 massiv und gefährdet die Einhaltung von Menschenrechten wie dem Recht auf Nahrung oder Bildung, insbesondere von Frauen und Mädchen.
Die Grünen fordern ausserdem die Einführung der von der OECD vorgeschlagenen dreigliedrigen Transferpreisdokumentation (Länderbezogener Bericht plus Stamm- und länderspezifische Dokumentation). Dadurch lässt sich die Risikoabschätzung der Transferpreispraxis deutlich verbessern.