Geht es um die Klimapolitik, entdecken die bürgerlichen Parteien scheinbar ihr soziales Gewissen. Die gleichen Parteien, die in den letzten Jahren ohne mit der Wimper zu zucken das Mietrecht verschlechterten, Sozialleistungen kürzten und Steuergeschenke an Aktionär*innen verteilten, bekämpfen Klimaschutzmassnahmen mit dem Argument, sie seien eine gesellschaftliche Last. Mit abenteuerlichen Phantasiezahlen werden Schreckensbilder an die Wand gemalt. Doch Klimaschutz kann auf soziale Art und Weise umgesetzt werden. Der Schlüssel dazu sind Rückvergütungen (Ökobonus), effizientere Technologien, öffentliche Förderinstrumente und mehr Konsument*innenschutz. Grosse Hebel liegen im Gebäude- und Verkehrsbereich. Aber auch der Finanzplatz spielt eine entscheidende Rolle. Um Milliardenkosten für die Steuerzahlenden abzuwenden, müssen die Investitionen in fossile Technologien so rasch wie möglich in nachhaltige Infrastrukturen umgelenkt werden. Die GRÜNEN engagieren sich seit Jahren dafür.

Lenken und Rückvergüten (Ökobonus) gehören zusammen

Ein zentraler Pfeiler der grünen Klimapolitik sind soziale Lenkungsabgaben (Ökobonus). Sie fliessen nicht als Steuern in den Staatshaushalt, sondern werden mehrheitlich an die Bevölkerung zurückverteilt. Eine Infras-Studie zeigt, dass die bei der Revision des CO2-Gesetzes diskutierten Lenkungsabgaben sozial verträglich sind: Personen mit tieferen und mittleren Einkommen werden auch bei hohem fossilem Energieverbrauch nur wenig belastet und bei tiefem Verbrauch sogar entlastet. Viel relevanter ist für sie die Ausgestaltung des Mietrechts.

Die Infras-Studie zeigt:

  • Alle Beispielhaushalte mit tiefem Verbrauch an fossilen Energien erhalten mehr Geld rückverteilt, als sie bezahlen, wenn alle Abgaben zusammen betrachtet werden. Dabei profitieren Haushalte mit tiefem Einkommensniveau im Jahr 2021 mit netto 130 bis 530 Franken pro Jahr, im Jahr 2030 mit zwischen 180 und 720 Franken pro Jahr.
  • Im Jahr 2021 wird keiner der einkommensschwachen Beispielhaushalte – selbst bei hohem fossilem Energieverbrauch – mit mehr als netto 60 Franken pro Jahr belastet, wenn die pro Kopf rückverteilten Beträge von den bezahlten Abgaben auf Brenn- und Treibstoffe sowie Flugtickets abgezogen werden.

Nur wenn Haushalte mit hohem fossilem Energieverbrauch bis 2030 keine Verbesserungen erreichen, steigen die Belastungen trotz Rückvergütung spürbar an. Parallel zu den Lenkungsabgaben muss also die rasche Umrüstung des Gebäudeparks auf fossilfreie Wärmeversorgung und Energieeffizienz mit öffentlichen Fördergeldern unterstützt werden. Es ist nicht gerecht, den Energieverbrauch zu verteuern, wenn die finanziellen Möglichkeiten fehlen, im Alltag Energie zu sparen.

Hauseigentümer*innen entlasten und Mieter*innen schützen

Immer mehr Städte und Kantone investieren in den Umbau ihrer Energieversorgung und unterstützen private Hauseigentümer*innen. Im Kanton Aargau haben die GRÜNEN eine Initiative für eine Verdreifachung der Sanierungsquote und mehr öffentliche Fördergelder lanciert. Im Kanton Zürich will der grüne Regierungsrat Martin Neukom jährlich neu 45 Millionen Franken in die Installation von Solaranlagen und Wärmepumpen investieren. Der Kanton Bern hat den Förderbetrag für den Ersatz von Ölheizungen verdoppelt und einen veritablen Boom ausgelöst. Städte und Gemeinden starten Solaroffensiven und setzen sich ehrgeizige Klimaziele. All diese Massnahmen schaffen und sichern Arbeitsplätze in der lokalen Wirtschaft und stärken die Wertschöpfung vor Ort. Sie müssen aber an einen stärkeren Schutz der Mieter*innen gekoppelt werden, um sozial verträglich zu sein. Die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen», über die am 9. Februar abgestimmt wird, legt dazu wichtige Leitplanken fest. Die Initiative sichert die soziale Umsetzung der Klimapolitik.

Geld sparen mit umweltfreundlicher Mobilität

In keinem Land werden – freiwillig – so teure und schwere Autos gekauft wie in der Schweiz. Die Nachfrage nach fossilen Geländelimousinen wächst. Etwa die Hälfte der Autos in der Schweiz hat heute einen Vierradantrieb. Im Rest von Europa sind es nur 13 bis 15 Prozent. Dieser Unterschied ist nicht mit der Topographie, sondern mit dem Wohlstand und der hohen Kaufkraft in der Schweiz zu erklären. Mit dem SUV-Boom werden auch höhere Treibstoffkosten in Kauf genommen. Das Mehrgewicht durch den stärkeren Antrieb und die höhere Bauart führt zu 25 Prozent Mehrverbrauch. Geht es um eine Kompensation der Klimabelastung von Treibstoffen oder um eine soziale Lenkungsabgabe, ist den bürgerlichen Parteien aber jeder Rappen zu viel.

Es ist die Aufgabe der GRÜNEN, diesen Widerspruch zu entlarven und mit realen Kostenrechnungen die ökonomischen Vorteile der Verkehrswende aufzuzeigen. Wer von einem 8-Liter-Auto auf ein 4-Liter-Auto umstellt, spart rund 800 Franken pro Jahr. Noch günstiger wird es, Fahrzeuge zu teilen oder auf Velo und ÖV umzustellen. Auch Fahrzeuge mit alternativem Antrieb sind heute nicht mehr teurer als Autos mit Verbrennungsmotoren. Zentral ist aber, dass der Bund die Kantone und Gemeinden beim Aufbau neuer Elektro-Ladeinfrastrukturen unterstützt. Dafür sollen – haushaltsneutral – Gelder aus dem Nationalstrassenfonds eingesetzt werden. Für eine soziale Klimawende müssen auch die ÖV-Preise gezielt vergünstigt werden.

Schlüsselmassnahmen für eine soziale Klimawende

Die GRÜNEN haben in ihrem Klima-Manifest den Weg für Netto 0 bis 2030 aufgezeigt. Um die Klimawende sozial zu gestalten, wollen die GRÜNEN auf Ebene Bund, Kantone und Gemeinden folgende Schlüsselmassnahmen durchsetzen:

  • Energetische Sanierungen dürfen nicht zu einem Verlust von bezahlbaren Wohnungen führen. Dazu sollen Mietzinskontrollen eingeführt und der Schutz vor Leerkündigungen verstärkt werden. Weiter müssen die pauschalen Überwälzungssätze bei Totalsanierungen gesenkt werden. Ein wichtiger Schritt dazu ist ein Ja zur Wohninitiative des Mieter*innenverbandes.
  • Die Sanierung des Gebäudeparks und die Umstellung auf eine erneuerbare Energie- und Wärmeversorgung sollen durch öffentliche Fördergelder beschleunigt und vergünstigt werden. Dazu sollen die Mittel des Gebäudeprogramms aufgestockt und durch Zusatzmassnahmen der Kantone und Gemeinden verstärkt werden. Die jährlichen Rechnungsüberschüsse des Bundes sollen in den nächsten zehn Jahren nicht mehr in den Schuldenabbau fliessen, sondern in das Gebäudeprogramm oder den Klimafonds des neuen CO2-Gesetzes.
  • Der öffentliche Verkehr, Velorouten und Veloinfrastruktur sollen insbesondere in den Agglomerationen und auf dem Land weiter ausgebaut werden. Um die Finanzierung ohne Preiserhöhungen sicherzustellen, soll der Agglomerationsanteil im Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds erhöht werden (Motion von Michael Töngi). Weiter sollen die ÖV-Preise für junge Menschen bis zum 25. Altersjahr verbilligt werden, etwa mit einem Junior-GA für maximal 1’000 Franken. Damit werden Familien gezielt entlastet.
  • Rasch absinkende CO2-Grenzwerte für den Personen- und Güterverkehr sollen dazu führen, dass bis 2030 alle neuen Fahrzeuge fossilfrei und effizienter sind. Nur so wird die Innovationskraft der Automobilindustrie gezielt für den Klimaschutz aktiviert und werden hohe Verbrauchskosten gesenkt.
  • Um die Klimawende zu beschleunigen und sozial auszugestalten, müssen Bund, Kantone und Gemeinden in den nächsten Jahren ihre Investitionen in die CO2-Reduktion erhöhen. Doch auch der Finanzplatz Schweiz ist gefordert. Nur durch ein rasches Umlenken der fossilen Investitionen in nachhaltige Technologien können untragbare Folgekosten für die Gesellschaft vermieden werden. Das neue CO2-Gesetz muss dazu verbindliche Spielregeln für den Finanzsektor setzen.

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