Die Grüne Partei begrüsst grundsätzlich das Vorhaben des Bundes, endlich ein Bundesgesetz zur Forschung am Menschen im Gesundheitsbereich zu schaffen. Ein einheitliches und umfassendes Gesetz ist dringend notwendig. Der Forschung am Menschen muss durch ein neues Gesetz klare Grenzen gesetzt werden.

Der vom Eidgenössischen Departement des Innern unterbreitete Entwurf einer Verfassungsbestimmung und eines Bundesgesetzes über die Forschung am Menschen (Humanforschungsgesetz) wird von den Grünen hingegen in verschiedenen grundsätzlichen Fragen sehr kritisch beurteilt:

  • Der vorgeschlagene Verfassungsartikel stellt die Forschungs- oder Wissenschaftsfreiheit kategorial auf die gleiche Stufe wie den Schutz der Menschenwürde, obwohl die Menschenwürde oberstes Konstitutionsprinzip der staatlichen Rechtsordnung ist. Zwar gilt es, die Forschungsfreiheit zu verteidigen – sie darf aber niemals als Rechtfertigung für eine Einschränkung des Schutzes der Versuchsperson und damit der Menschenwürde dienen.
  • An Einwilligungsunfähigen (z.B. Kinder, Demente und Entmündigte) soll laut Verfassungsartikel und Gesetztesentwurf geforscht werden dürfen, ohne dass die Betroffenen von ebendieser Forschung profitieren. Es soll laut dem neuen Entwurf sogar zulässig sein, Urteilsunfähige zu zwingen, an Forschungsprojekten teilzunehmen, falls die Forschung ihnen allenfalls nützen könnte. Notfalls sogar gegen ihren Willen.
  • Rolle und Zweck der Ethikkommissionen erfahren nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf eine grundlegende Änderung: anstelle der bisher im Vordergrund stehenden Prüfung der ethischen Vertretbarkeit von Forschungsvorhaben, mutiert die Ethikkommission durch die Vorlage zu einer reinen Kontrollstelle mit gesundheitspolizeilichen Aufgaben. Für die Beurteilung der ethischen Vertretbarkeit einer Studie ist im vorliegenden Gesetzesentwurf niemand mehr verantwortlich, was einer Verletzung der Menschenwürde der Versuchsteilnehmenden gleichkommt und sich in Widerspruch zu international anerkannten ethischen Leitlinien stellt.