Liebe Grüne,

Die Schweiz braucht dringend einen Kompass. Einen Wertekompass.

Ob bei Gaza, bei Trumps USA oder bei China: Der Bundesrat und die bürgerliche Mehrheit stehen systematisch auf der falschen Seite der Geschichte.

Wollen wir unsere Seele verkaufen? Oder wollen wir unsere Werte gegen Barbarei, Autoritarismus und Ungerechtigkeit verteidigen?

Die Entscheidung, liebe Grüne, ist einfach.

Das Problem ist, dass die rechte Mehrheit in Bern sich am Prinzip «Opportunismus» orientiert.

Ihr Businessmodell: Profit aus der neoliberalen Globalisierung durch Dumping.

Steuerdumping, Umweltdumping, Menschenrechtsdumping. 

 

Liebe Grüne, wer hat auch nur eine Sekunde geglaubt, dass dieses Modell nachhaltig ist?

Ich meine: nicht nur ethisch und ökologisch.

Sondern ganz allgemein: nachhaltig?

Am 1. August erlebten der Bundesrat und die bürgerliche Mehrheit ein böses Erwachen. Die Schweiz wurde von Trump mit Strafzöllen von 39 Prozent belegt.

Diese Zölle sind eine direkte Konsequenz des bisherigen Geschäftsmodells der Rechten:

  • Alle Nespresso-Kapseln weltweit werden in Orbe, Avenches und Romont hergestellt und abgefüllt. Kaffee aus Brasilien, Nicaragua, Äthiopien oder dem Kongo wird in die Schweiz gebracht, um in Einweg-Nespresso-Kapseln gestopft und in alle Welt und die USA für mehr als 1 Milliarde Dollar zurückgeschickt zu werden.
  • Gold wird per Flugzeug zwischen London, der Schweiz und Washington hin- und geflogen, nur weil das Gold auf den beiden Finanzplätzen in unterschiedlichen Masseinheiten gehandelt wird und die Goldbarren deshalb ein anderes Gewicht haben müssen. Themen wie Rückverfolgbarkeit, Kinderarbeit oder Quecksilberverschmutzung interessieren hingegen niemanden.

Fakt ist: Die Exporte von Gold und Nespresso-Kapseln in die USA haben massgeblich dazu beigetragen, dass die Zölle auf Schweizer Produkte nun so hoch sind und auch viele hochwertige Produkte von guten KMUs belasten und Arbeitsplätze gefährden, gerade hier im Jurabogen.

Indem Trump die Grundlagen des Freihandels in Frage stellt, führt er die Welt in eine Globalisierungskrise.

Es herrscht Willkür, Deregulierung und das Recht des Stärkeren.

Aber müssen wir wirklich um jeden Preis zum Status quo ante zurückkehren, wie es der Bundesrat glaubt? Er ist ja bereit, so gut wie alles auf dem Silbertablett zu servieren: den Kauf von klimaschädlichem Flüssiggas, den Kauf von Waffen trotz des F-35-Debakels, die Abschaffung der OECD-Mindeststeuer zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung.

Die Antwort lautet nein.

Diese Globalisierung, von der die Schweiz immer profitiert hat, ist weder vernünftig noch nachhaltig. Sie ist absurd.

Wenn eine Krise ausbricht, ist das DIE Gelegenheit, unser System zu verändern, um resilienter zu werden. Kurzarbeit zum Schutz der betroffenen Menschen ist wichtig. Aber die Schweiz braucht mehr. Sie braucht einen Plan für Morgen.

Anstatt unsere Abhängigkeit von den USA oder der Pharmaindustrie zu vergrössern, müssen wir sie verringern. Dafür braucht es mindestens drei Punkte:

  • Erstens, Investitionen in öffentliche Dienstleistungen und Care-Arbeit. Unsere alternde Gesellschaft braucht diese dringend, unsere Familien brauchen diese dringend. Klar: Heute ist Care-Arbeit im BIP weitgehend unsichtbar, da sie grösstenteils von Frauen gratis geleistet wird. Aber: Sie hat einen hohen Wert für unsere Gesellschaft und ist umweltfreundlich. Das Wachstum einer gut bezahlten Care-Wirtschaft ist dringend notwendig!
  • Zweitens, eine europäische Industriepolitik für die Energiewende. Konkret bedeutet dies, dass hierzulande in die Produktion von Solarzellen, in die Kreislaufwirtschaft und in energetische Sanierungen investiert werden muss. Das schafft sinnvolle und stabile Arbeitsplätze in der Schweiz. Qualität geht vor Quantität.
  • Drittens brauchen wir Fairtrade. Eine Wirtschaft, welche die Länder im Globalen Süden stärkt, anstatt sie auszuplündern. Anstelle von Freihandelsabkommen, mit denen Hormon-Rindfleisch aus Gentech-Futter zollfrei importiert werden kann – wie das der Bundesrat mit dem Mercosur-Freihandelsabkommen will – brauchen wir Partnerschaften, die den Ländern des Globalen Südens helfen, ihre eigenen Produktionsketten zu entwickeln. Sie brauchen hohen Standards zum Schutz des Urwalds, der Umwelt und der Menschenrechte. Dazu müssen die Länder des Globalen Südens ihre eigenen Märkte schützen können. Diese Handelsbeziehungen sollten auch ein menschliches Projekt sein, bei dem nicht nur die Freiheit des Güter- und Kapitalverkehrs gestärkt wird, sondern auch jene der Menschen! Mit legalen Migrationsmöglichkeiten, um in der Schweiz zu studieren oder zu arbeiten.

Wir Grünen engagieren uns dezidiert für eine Welt mit mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.

 

Liebe Grüne, Leider hat sich der Bundesrat nicht für diesen Weg entschieden.

Gegen Trump muss die Schweiz Haltung zeigen. Ihre Werte verteidigen, nicht nur die Interessen der Grosskonzerne.

Wir Grüne arbeiten eng mit den europäischen Grünen zusammen, um ein gemeinsames Projekt voranzutreiben und eine internationale Wirkung zu erreichen.

Heute hat die Bevölkerung immer mehr Mühe, die Politik der Bürgerlichen zu verstehen. 

Und ich verstehe sie.

Nicht nur gegenüber Trump, sondern auch gegenüber dem durch Israels Regierung verübten Genozid an den Palästinenser*innen in Gaza.

Die Schwelle des Grauens ist längst überschritten, mit einer rechtsextremen israelischen Regierung, die Massaker verursacht, Krankenhäuser und Schulen bombardiert, auf hungernde Zivilisten bei der Lebensmittelverteilung schiesst, und mittels einer Blockade von Hilfslieferungen eine dramatische Hungersnot provoziert. Eine von «The Lancet» veröffentlichte Studie spricht von 100’000 Toten in Gaza. Und von Hunderten von Kindern, die sterben, bevor sie überhaupt sechs Monate alt sind.

Und was macht unser Bundesrat? 

Er ist bis zum heutigen Tag unfähig, die israelischen Kriegsverbrechen klar zu verurteilen und seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Das ist eine Schande. 

Wir fordern die sofortige Einstellung der militärischen Zusammenarbeit mit Israel, Wirtschaftssanktionen und die sofortige Anerkennung des Staates Palästina als Bollwerk gegen die Bulldozer-Kolonisierung des Westjordanlandes. 

Was in Gaza geschieht, ist ein Crashtest für das humanitäre Völkerrecht.

Diese Institution, die ohne die Schweiz wahrscheinlich nicht so existieren würde, ist in Gefahr. Und mit ihr der Sinn der Menschlichkeit.

Die ganze Welt beobachtet die mitschuldige Haltung des Westens.

Und das Risiko ist klar: Kein Land wird sich mehr verpflichtet fühlen, die Regeln des humanitären Völkerrechts einzuhalten, wenn ihre eklatante, systematische und sich stetig wiederholende Verletzung keine Konsequenzen hat.

Die mutige und engagierte Mobilisierung der Zivilgesellschaft ist dagegen wichtiger denn je. Auf der Strasse, an den Universitäten, in den sozialen Medien. Wir müssen sie unterstützen und stärken um die Mehrheit des Parlaments und des Bundesrats zum Handeln zu zwingen. Genau dafür engagieren wir GRÜNEN uns seit Monaten unermüdlich im Parlament. Und werden es weiter machen, solange es nicht zu einem Ende kommt: zu einem gerechten und dauerhaften Frieden.

Leider muss ich Ihnen von einem weiteren Drama berichten. Vor einigen Tagen eine Frau und zwei Kinder in Corcelles. Vor zwanzig Jahren der Skirennprofi Corinne Rey-Bellet.

Zwanzig Jahre später und immer noch dieselben Feminizide.Die Gewalt des Patriarchats tötet alle zwei Wochen in der Schweiz. Vor zwanzig Jahren wie heute sind die Täter Schweizer und Ausländer, jung und alt, reich und arm. Was sie verbindet: die toxische Männlichkeit. Feminizide sind das fatale Ende einer Spirale der Gewalt. Und das Versagen unserer Gesellschaft, diese vor dem Mord zu stoppen. 

Spanien hat über fünf Jahre eine Milliarde Euro bereitgestellt, um geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen. Wir Grüne fordern 0,1 % des BIP für die Finanzierung von Prävention, Frauenhäusern, Notunterkünften, Schutz und Beratung.

Alle Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, müssen schnell Hilfe, Schutzmassnahmen und einen Ort finden, an dem sie mit ihren Kindern Zuflucht finden können.

Jede Meldung von Gewalt muss zu einer Gefährdungsabklärung und zu angemessenen Schutzmassnahmen führen: wie polizeiliche Wegweisung, Rayonverbote oder aktive elektronische Überwachung. Polizei und Justiz müssen Fachstellen einrichten. Fachleute, die mit Kindern arbeiten, müssen über die Ressourcen verfügen, um Verdachtsfälle von Misshandlung zu erkennen und zu melden. Und Straftäter müssen begleitet werden, um zu lernen, ohne Gewalt auszukommen.

Und natürlich haben Schusswaffen, ob militärisch oder nicht, in Privathaushalten nichts zu suchen.

Gewalt ist eine Kontinuität. Sie hat ihren Ursprung im alltäglichen Sexismus, in der Plage des Maskulinismus und in den Ungleichheiten des Alltags. Unsere Gesellschaft muss gleichberechtigter werden, sonst ist sie dazu verdammt, ständig nur Wunden zu heilen. Eine Gesellschaft, die toleriert, dass eine Frau weniger bezahlt wird, weil sie eine Frau ist, mindert den Wert aller Frauen. Eine Gesellschaft, die Jungs zwingt, ihre Gefühle zu unterdrücken und die Stärksten zu sein, erzeugt Gewalt. Diese Gesellschaft zu verändern, ist unsere Aufgabe.

Liebe Grüne, in unserem Engagement für eine bessere Welt fühlen wir uns manchmal niedergeschlagen und machtlos.

Aber unser Engagement ist wichtig. Es macht den Unterschied.

Nehmen wir das Sparpaket von Karin Keller Sutter.

Vor einem Jahr haben die Grünen als Erste den ideologischen Sparhammer angeprangert. Wir haben Alarm geschlagen: teurerer öffentlicher Verkehr, Bremse für energetische Sanierungen, Verdoppelung der Studiengebühren. Und wir haben ein Referendum angekündigt.

Heute melden sich Pfadis, Sportverbände, Universitäten, Studierende, Kulturvereine, Verkehrsbetriebe, Umweltverbände und Gemeinden zu Wort. Eine Bewegung ist entstanden.

Wir arbeiten mit all diesen Akteur*innen zusammen und werden gemeinsam diese gefährlichen Kürzungen verhindern.

Denken Sie an den Kampf gegen die Atomenergie. Nach den Besetzungen in den 1980er-Jahren, zahlreichen parlamentarischen Vorstössen und unserer Initiative für den Atomausstieg haben wir ein Verbot neuer Atomkraftwerke und den Ausbau der erneuerbaren Energien erreicht.

Heute will Bundesrat Rösti einen neuen Anlauf nehmen. Ich sage: Nur zu! Wir sind bereit!

Unsere Solar-Initiative ist die Antwort auf das Revival der Atomkraftwerke. Und wir werden beweisen, dass unsere Partei in der Lage ist, Vorschläge in die Debatte einzubringen: Wir brauchen eure Unterstützung, um die Unterschriftensammlung  für die Solar-Initiative abzuschliessen. Gehen wir zusammen raus, sprechen wir mit möglichst vielen Menschen und zeigen wir ihnen unsere Lösungen für unsere Zukunft. Anstatt die Ölmonarchien oder Russland zu bereichern, sollten wir Arbeitsplätze in der Schweiz schaffen. Anstatt uns für Hunderttausende von Jahren mit radioaktiven Abfällen zu belasten, sollten wir Solarzellen installieren. Anstatt mit unseren alten AKW einen Unfall zu riskieren, sollten wir die Energieverschwendung beenden, die ein Drittel des Verbrauchs ausmacht.

Unsere politische Bewegung, die Grünen, gibt es seit über vierzig Jahren. Wenn ich die Archive lese, bin ich beeindruckt, wie aktuell die Überlegungen von damals für unsere heutige Welt sind. Unsere Stärke ist unsere Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszuschauen. Um eine gerechtere Welt zu schaffen, in der die Wirtschaft sich an den Grenzen unseres Planeten orientiert und sich in den Dienst aller steht.

Jetzt sind wir an der Reihe, die Zukunft zu gestalten mit unseren visionären Lösungen.

Unser Wertekompass zeigt uns weiter den Weg. Werte wie Solidarität, Gleichstellung und Umweltschutz. Diese Werte sind ein unglaublicher Motor.

Weil wir wissen, wo wir hingehen. Und weil wir wissen, warum wir dorthin gehen. Ich freue mich, mit euch weiter dorthin zu gehen.