Morgen gibt der Bundesrat seine Verhandlungsstrategie für die sechste WTO Ministerkonferenz in Hong Kong bekannt. Die Verhandlungen in der globalen Handelsorganisation harzen. Ein Scheitern ist absehbar. Mitverantwortlich dafür ist auch die Schweiz. Mit ihren übertriebenen Liberalisierungsforderungen im Bereich der Industrie- und Dienstleistungsmärkte stösst sie bei den Entwicklungsländern auf massiven Widerstand. Die laufende WTO-Runde sollte ursprünglich die Benachteiligung der Entwicklungsländer im Welthandel beheben. Um die Verhandlungen zu deblockieren, müssen die Interessen der Entwicklungsländer wieder stärker ins Zentrum gerückt werden. Die Schweiz muss ihr Verhandlungsmandat in diesem Sinne anpassen um nicht zu den mitschuldigen am Scheitern des multilateralen Systems zu werden.

In krassem Gegensatz zur Position aller Bundesratsparteien teilt die Grüne Fraktion die Analyse der Entwicklungsorganisationen: Die armen Ländern sollen das Recht erhalten, ihre jungen Industrien durch staatliche Interventions-, Unterstützungs- und Selektionsmechanismen zu schützen. Eine massive Reduktion ihres Handlungsspielraumes schränkt den wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum zu stark ein und führt unweigerlich zu Desindustrialisierung und Raubbau an der Natur. Von den geforderten Marktöffnungen profitierten in erster Linie die leistungsstarken Unternehmen des Nordens, während Arme zunehmend von der Grundversorgung ausgeschlossen werden. Die natürlichen Ressourcen sind von der Handelsliberalisierung auszuschliessen. In vielen Entwicklungsländern sind die natürlichen Lebensgrundlagen, wie Tropenwälder und Fischbestände, bereits ohne weitere Marktöffnung massiv bedroht.

Die Vorteile der Handelsliberalisierungen für die Entwicklungsländer werden in der Regel stark übertrieben. Das gilt auch für den einzigen Verhandlungs -Joker der Schweiz: die Öffnung der Schweizer Agrarmärkte. Die Schweiz ist offenbar bereit, ihre Bauern für die Liberalisierung der Industrie und Dienstleistungsmärkte zu opfern. Doch dieses Opfer macht gar keinen Sinn. Denn von der Liberalisierung der Agrarmärkte profitieren die grossen Agro-Exportländer mit ihrer industrialisierten Landwirtschaft. Nicht die Bauern in den Entwicklungsländern. Im Gegenteil. Sie erleiden dasselbe Schicksal, wie die Bauern hierzulande und gehören zu den Verlierern. Die Abschaffung von Exportsubventionen und Marktstützungsmassnahmen durch die Industrieländer sind die einzigen sinnvollen Massnahmen im Agrarbereich. Jedes Land soll aber weiterhin das Recht haben, seine Nahrungsproduktion, durch geeignete Schutzmassnahmen zu sichern. Auch die Schweiz.