In der Land- und Ernährungswirtschaft stehen wichtige politische Weichenstellungen an:

  • Der Bundesrat möchte neue Freihandelsabkommen abschliessen. Umwelt-, Sozial, und Tierschutzstandards spielen dabei aber leider keine Rolle. Dabei wäre der Bund aufgrund von Artikel 104a der Bundesverfassung verpflichtet, für Handelsbeziehungen zu sorgen, die zur nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft beitragen.
  • Das Parlament wird sich bald mit der Weiterentwicklung der Agrarpolitik (Agrarpolitik 22+) befassen. Der Handlungsdarf ist insbesondere im Umweltbereich gross. Die Umweltziele in der Landwirtschaft sind nach wie vor ungenügend erfüllt. Mit der Agrarpolitik 22+ muss eine ressourcenschonende, klimafreundliche Landwirtschaft weiterentwickelt werden. Dazu sind Bündnisse zwischen bäuerlichen Kreisen und Umweltverbänden nötig.

«Die Fair-Food-Initiative will erreichen, dass es ein grösseres Angebot an Lebensmitteln gibt, die von guter Qualität sind und die umweltschonend, tierfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden», fasste Maya Graf, Co-Präsidentin des Initiativkomitees, das zentrale Anliegen der Initiative zusammen. Die Initiative setze dabei vor allem auf Anreize und Informationen. Die Umsetzung sei mit wenig Aufwand möglich, etwa durch eine bessere Deklaration oder Zielvereinbarungen mit der Branche. Bewährte privatwirtschaftliche Massnahmen wie Labels sollen gestärkt werden. Wo möglich, sollen nachhaltig produzierte Lebensmittel an der Grenze bevorzugt behandelt werden, z.B. bei der Vergabe von Einfuhrkontingenten.

Die Grüne Nationalrätin Adèle Thorens hielt zudem fest, dass die Fair-Food-Initiative entgegen der Behauptung der Gegner handelsrechtskonform umsetzbar sei: «Es ist das erklärte Ziel der Initiantinnen und Initianten, das bestehende Handelsrecht zu respektieren, es gleichzeitig in Richtung mehr Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln. Dadurch soll der Welthandel künftig im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der UNO oder dem Klimaabkommen von Paris sein.»

Breite Unterstützung
Die Fair-Food-Initiative geniesst eine breite Unterstützung. Kein Wunder, kommt sie doch allen zugute: Umwelt und Klima, Konsumentinnen und Konsumenten, Bäuerinnen und Bauern sowie dem Tierwohl. Für Anne Challandes, Vorstandsmitglied des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands, ist die Förderung regionaler Lebensmittel von grosser Bedeutung. «Dadurch kommen die Konsumentinnen und Konsumenten vermehrt in den Genuss frischer und gesunder Lebensmittel und die Bäuerinnen und Bauern können ihre Existenz sichern», sagte sie an der Medienkonferenz.

Die Fair-Food-Initiative hilft aber auch den Bäuerinnen und Bauern in den armen Ländern des Südens, wie Markus Allemann, Geschäftsleiter der Entwicklungsorganisation SWISSAID, sagte. «Bei der Banane funktioniert fairer Handel zwar gut. Doch leider sind Fair-Trade- Bananen die Ausnahme, nicht die Regel», so Allemann. Mit der Fair-Food-Initiative würde es mehr und auch verarbeitete Lebensmittel geben, die unter umweltfreundlichen und fairen Bedingungen produziert und in die Schweiz exportiert werden.

Grossen Handlungsbedarf gibt es auch beim Tierwohl, wie Heinz Lienhard, Präsident des Schweizer Tierschutzes erläuterte. Vielen Konsumentinnen und Konsumenten sei nicht bewusst, dass Tiere, deren Fleisch, Milchprodukte oder Eier importiert werden, im Ausland oft unter schlimmsten Bedingungen, die in der Schweiz verboten sind, leben und sterben müssten. Allein mit einer transparenteren Deklaration über die Produktionsbedingungen – und dies auch bei verarbeiteten Lebensmitteln – könne schon viel erreicht werden. Aber auch in der Schweiz besteht Handlungsbedarf, wie Lienhard erläuterte: «Zwar werden heute tiergerechte Produktionsmethoden mit Direktzahlungen gefördert. Dennoch müssen hierzulande immer mehr kleine und mittlere Bauernhöfe aufgeben. Das ist eine fatale Entwicklung, die den Trend zur Massentierhaltung in Tierfabriken fördert.»

Urs Brändli, Präsident von Bio Suisse, betonte schliesslich, dass die Schweiz sich zwar verpflichtet habe, die Nachhaltigkeitsziele der UNO im Rahmen der Agenda 2030 umzusetzen. Bei vielen Zielen habe sie aber einen riesigen Nachholbedarf. «Ausgerechnet bei Ziel 12, bei Produktion und Konsum, liegt die Schweiz weltweit auf einem der letzten Plätze», sagte Brändli weiter und erklärte, dass die Fair-Food-Initiative nötig sei, damit die Schweiz ihren internationalen Verpflichtungen nachkomme und nachhaltiger werde.