Schon in einem Jahr sind wieder nationale Wahlen. Wie geht es dir, jetzt, wo die Deadline näher rückt?   
Ich bin sehr motiviert. Die Schweiz steht an einem Wendepunkt: Wir müssen jetzt konsequente Massnahmen für den Schutz von Klima und Biodiversität vorantreiben. Das Problem ist nur: Die rechte Mehrheit spielt auf Zeit. Die Wahlen 2023 müssen den Aufbruch ermöglichen: Wir wollen einen tiefgreifenden Wandel initiieren.   

Macht sich die Spannung bereits bemerkbar?  
Und wie! Ein Jahr vor den Wahlen gleicht Bundesbern einem Bienenstock. Formstärke, Persönlichkeiten und Arithmetik sind viel diskutierte Wörter derzeit. Das Wichtigste geht dabei aber vergessen: Wir sind dafür verantwortlich eine Zukunft zu schaffen, in der es sich gut leben lässt – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Identität oder Aufenthaltsstatus. 

Du bist Teil der Wahlkampfleitung, zusammen mit Balthasar Glättli. Womit beschäftigst du dich konkret?  
Ich habe zwei grosse Aufgaben: Einerseits pushe ich die grünen Themen in der Öffentlichkeit: Klimaschutz, Umweltschutz und Gleichstellung. Andererseits unterstütze ich die Kantonalparteien, denn schlussendlich sind es sie, welche die extrem wichtige Basisarbeit leisten und die Wahlen gewinnen. 

Schon 2019 warst du in der Wahlkampfleitung. Was hat sich seither verändert?  
Wie viele wir sind! Das ist wohl am augenfälligsten. Wir sind jetzt 34 GRÜNE in Bundesbern – und das aus (fast) allen Regionen der Schweiz. Das ist eine grosse Chance. Unsere Kampagne wird stark mit dieser Gruppe zusammenarbeiten und aufzeigen, was wir GRÜNE erreicht haben, aber auch, was noch zu tun bleibt – im Parlament und im Bundesrat. 

Was sind für dich die grössten Herausforderungen in der Wahlkampfvorbereitung?  
Die Welt verändert sich rasant – und das ständig. Eine Krise folgt auf die nächste. Aber wir GRÜNE sind vorrausschauend und lösungsorientiert – das kommt uns jetzt zugute. Zum Beispiel in der Energiekrise: Schon seit Jahren fordern wir GRÜNE den raschen Ausstieg aus den Fossilen. Und jetzt braucht es ihn umso dringender: Erneuerbare Energien machen uns unabhängiger von Autokratenstaaten und Kriegstreibern. Der aktuelle Kontext zeigt: Wir GRÜNE müssen schnell auf neue Situationen reagieren – aber wir können unserem politischen Projekt dabei treu bleiben. Wir dürfen weder unsere Werte noch unsere Schwerpunkte aus den Augen verlieren. 

Die GRÜNEN haben zusammen mit allen Mitgliedern ihr Wahlprogramm, die «Agenda 2023-2027», erarbeitet. Was ist die Idee hinter der «Agenda 2023-2027»? 
Die «Agenda 2023-2027» soll als Leitfaden für die nächste Legislatur dienen und enthält die Forderungen, für die wir uns in Bundesbern stark machen wollen. Sie ist ein sehr wichtiges Mittel für die Kohärenz unserer Politik. Als Parlamentarierin prüfe ich z.B. regelmässig, wie weit wir mit der Umsetzung unserer Forderungen schon sind, wo es gerade eine Möglichkeit gibt und wo wir noch nachbessern müssen.

Wieso erarbeiten die GRÜNEN ihr Wahlprogramm in einem partizipativen Prozess?   
Wir GRÜNE haben innerhalb weniger Jahre einen Fünftel mehr Mitglieder dazugewonnen. Da stellt sich die Frage: Was genau bedeutet es, Mitglied zu sein? Bei uns GRÜNEN soll es mehr sein, als Werte zu teilen und gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Unsere Mitglieder sollen einen direkten Einfluss auf unsere politischen Forderungen haben. Politik einmal anders – auch das ist eine Stärke der grünen Bewegung. 

Und wie waren die Rückmeldungen der Mitglieder?  
Zwischen neugierig und enthusiastisch, würde ich sagen. Die grüne Agenda gleicht in ihrem Umfang eher einem Telefonbuch als einer Menu-Karte im Restaurant. Aber dank dem Online-Tool findet jedes Mitglied einfach den Weg zum Kapitel, das es interessiert. Und die Zahlen geben uns recht: Noch nie besuchten so viele Menschen unsere Wahlprogramm-Website. Das allein ist schon ein Erfolg!   

Was passiert konkret mit all den Kommentaren und Anträgen der Mitglieder?
Im Moment sind wir – die Wahlkampfleitung – daran, alle Anträge und Kommentare zu bündeln und in konkrete Formulierungen umzumünzen. Die überarbeite Version des Wahlprogramms wird danach den einzelnen Parteigremien vorgelegt. Im Januar entscheidet die Delegiertenversammlung dann definitiv über die Verabschiedung des Wahlprogramms.  

Wo werden die GRÜNEN 2023 die Schwerpunkte setzen? 
Das Klima steht selbstverständlich weiterhin im Zentrum unseres Engagements. Um es zu schützen, braucht es einen tiefgreifenden Wandel im Parlament – und im Bundesrat. Wir GRÜNE verstehen den Wandel als Chance auf ein besseres Leben. Schützen wir die Natur und die Biodiversität – und mit ihnen die Gesundheit und das Wohlergehen von uns allen. Beenden wir die fossile Abhängigkeit von dubiosen Konzernen und Autokratenstaaten. 

Was ist neu dazugekommen seit 2019? 
Wir sagen jetzt offensiver: Klimaschutz heisst immer auch Biodiversitätsschutz. Das eine geht nicht ohne das andere. Es geht darum, unseren Planeten zu bewahren und unsere Lebensgrundlage zu sichern. Das bedingt eine neue Beziehung zur Natur, zur Umwelt, zu den Tieren. Die Städte sollen grüner werden und die Landschaften vielfältiger. Es geht ums glückliche Leben. 

Was wünschst du dir persönlich für dieses Wahljahr 2023?  
Eine grüne Mobilisierung, wie wir sie noch nie gesehen haben! Vom Neumitglied bis zum alten Parlamentshasen. Auch eine Kampagne, die Freude bereitet – denn darum geht es in der Politik auch: das gemeinsam Dinge Schaffen. 

Lisa Mazzone
Ständerätin GE 
Wahlkampfleiterin