In der Nacht auf den 29. Juni 2024 kam es in zahlreichen Tälern des Wallis zu Hochwassern. Im ganzen Kanton richteten Steinschläge, Erdrutsche und Überschwemmungen verheerende Schäden an. In Saas-Grund kam eine Person in den Fluten ums Leben. In Siders trat die Rhone über die Ufer, das Hochwasser überflutete Infrastrukturen, Menschen mussten in der Nacht ihre Häuser verlassen. Die Flut verwüstete eine Fabrik.

Am gleichen Wochenende zerstörten im Tessiner Vallemaggia Murgänge Teile von Siedlungen, Strassen und über hundert Gebäude. Ganze Talabschnitte waren von der Zivilisation abgeschnitten. Mindestens sieben Menschen verloren dabei ihr Leben.

Nur eine Woche zuvor führten heftige Gewitter im ganzen Bündner Misox zu Murgängen und Überschwemmungen. Eine Schuttlawine begrub zwei Menschen, eine Person gilt noch immer als vermisst. Ein Hangrutsch zerstörte verschiedene Autobahn- und Kantonsstrassenabschnitte, die für mehrere Tage gesperrt blieben. Das Unwetter zerstörte und beschädigte das Zuhause von Dutzenden Menschen.

Mindestens zehn Todesopfer, hunderte zerstörte oder beschädigte Gebäude und Schäden in Höhe von rund 200 Millionen Franken hinterliessen die Unwetter dieser zehn Tage.

Die immer häufigeren und intensiveren Extremereignisse zeigen: Die Klimakrise ist längst Realität, auch in der Schweiz.

Die Klimakrise ist auch eine Gesundheitskrise. Steigende Temperaturen und Luftverschmutzung führen zu Krankheiten und Todesfällen. Die vermehrten Hitzewellen und die damit zusammenhängende erhöhte bodennahe Ozonkonzentration können Hitzschlag, Herzinfarkt und akutes Nierenversagen zur Folge haben. Allein im Hitzesommer 2019 sind in der Schweiz 521 Menschen aufgrund der hohen Temperaturen verstorben.

Unsere Infrastrukturen, Ökosysteme und auch unsere Gesundheit sind diesen Extremen oft nicht gewachsen. Deshalb sind auch in der Schweiz Klimaanpassungsmassnahmen unverzichtbar: Zum Schutz der Lebensgrundlagen und der Gesundheit der Menschen. Sie bilden einen solidarischen Beitrag, damit jede*r in der eigenen Gesundheit und Integrität geschützt wird – unabhängig von Geschlecht, Alter und finanziellen Ressourcen.

Anders als von Bundesrat Rösti behauptet, sind Klimaanpassungsmassnahmen noch lange keine Klimapolitik. Sie machen nur dann Sinn, wenn sie von einem konsequenten Klimaschutz und einer drastischen Reduktion von CO2-Emissionen an der Quelle begleitet werden.

Aber auch in der Schweiz sind sie dringend notwendig, um Menschen, Ökosysteme und Infrastrukturen vor den bereits spürbaren – und sich in Zukunft weiter verschärfenden – Folgen der Klimakrise zu schützen. Leider ist seit spätestens letztem Sommer klar: die bürgerliche Mehrheit in Bern hat die Dringlichkeit nicht realisiert. Die betroffenen Regionen brauchen eine echte Unterstützung: Es geht um den Zusammenhalt eines Alpenlandes. 

Wir GRÜNE fordern deshalb: 

  • Der Verkehr ist einer der wichtigsten Treiber der Klimaerhitzung. Statt dass aus dem Nationalstrassenfonds (NAF) noch mehr Milliarden in einen überdimensionierten und bei der Bevölkerung nicht mehr mehrheitsfähigen Autobahnausbau fliessen, soll sich der NAF an der Finanzierung von Klimaanpassungsmassnahmen in Berggebieten, auf dem Land und in den Städten beteiligen. Die teilweise Umwidmung des Nationalstrassenfonds bremst so den Treibhausgasausstoss des Verkehrs und bekämpft die Folgen der Klimaerhitzung.
  • Es braucht eine Klimaversicherung für Schäden durch extreme Naturereignisse. Die Kosten für die Schweiz bei einer weiteren globalen Erwärmung werden in den nächsten Jahrzehnten enorm steigen und bis 2050 jährlich mehrere Milliarden Franken ausmachen. Der Bund muss jetzt prüfen, wie diese Schäden mit einer staatlichen Lösung versichert werden können.
  • Hochwasserschutz- und Renaturierungsmassnahmen sind eine Win-Win-Lösung, um Bevölkerung und Wirtschaft vor Hochwasserschäden zu schützen und gleichzeitig hochwertige Naturräume für eine vielfältige Biodiversität und attraktive Freizeitaktivitäten zu gestalten. Wir fordern, dass solche Projekte, wie beispielsweise die dritte Rhonekorrektion, aktiv und entschlossen vorangetrieben werden.
  • Die Häufung von Extremwetter durch die Klimaerwärmung führt zu einer höheren Nachfrage von Katastrophenhilfe und militärischen Einsätzen in betroffenen Gebieten. Statt weiter unnötig Geld in noch mehr Panzer und Artillerie zu verpulvern, soll die Schweizer Armee sich deshalb mit den Herausforderungen von Umweltkatastrophen auseinandersetzen und eine Strategie Klima und Verteidigung ausarbeiten. Und anstatt das Militärbudget für Rüstungsbeschaffungen zu verdoppeln, müssen Bundesrat und Parlament den zivilen Katastrophenschutz stärken.
  • Auch in der Schweiz ist Wasser nicht unendlich verfügbar, sondern wird aufgrund der Klimaerhitzung und Umweltverschmutzung zu einer knappen Ressource. Es braucht deshalb grüne Lösungen gegen Wasserknappheit. Dazu gehört die Priorisierung von Trinkwasser für den menschlichen Konsum oder die vermehrte Nutzung von Regenwasser und aufbereitetem Abwasser. Ebenfalls ist zwingend ein intelligentes Wassermanagement notwendig, bei dem das vorhandene Wasser gerecht verteilt und der Wasserverbrauch reduziert werden kann.
  • Die Klimaerwärmung zieht Gefahren für unsere Bergregionen nach sich. Diese Regionen beherbergen 40% der landwirtschaftlichen Betriebe, sind Teil unserer Kultur und spielen eine wichtige Rolle für den Tourismus. Dieses wirtschaftliche und soziale Leben in den Schweizer Bergen wollen wir erhalten. Dafür braucht es Schutz-, Anpassungs-, Milderungs- und Übergangsmassnahmen. Der Bund soll den notwendigen Strukturwandel hin zu einem nachhaltigen Tourismus und einer nachhaltigen und klimaangepassten Landwirtschaft begleiten und unterstützen.
  • In den Städten sind ebenfalls dringend Klimaanpassungsmassnahmen erforderlich. Dazu zählt die Umsetzung des «Schwammstadt-Prinzips», einschliesslich der Entsiegelung von unnötig asphaltierten Flächen sowie die gezielte Begrünung freier Infrastrukturen und dem öffentlichen Raum.
  • Die Klimakrise und die Umweltverschmutzung sind die grössten gesundheitlichen Bedrohungen unserer Zeit. Wir fordern deshalb u.a. einen nationalen Hitze-Aktionsplan und Massnahmen, um die Bevölkerung vor Überhitzung und dessen gesundheitlichen Folgen zu schützen.
  • Bundesrat, Parlament und Verwaltung denken zu stark in Silos. Dabei ist Klima- und Umweltschutz immer auch Gesundheitsschutz. Dieses ganzheitliche Denken muss dringend verankert werden. Deshalb sollen beispielsweise zukünftig nicht nur die finanziellen Auswirkungen neuer Bundesgesetze überprüft werden, sondern auch ihre Auswirkungen auf unsere Umwelt und unsere Gesundheit (Umwelt- und Gesundheitsfolgenabschätzung).  

Die Folgen der Klimaerhitzung trifft vor allem aber auch die ärmsten Länder auf der Welt. Dürren, Überschwemmungen und extreme Wetterereignisse zerstören ihre Lebensgrundlagen und zwingen sie zur Migration. Die Schweiz hat sich mit der UNO-Klimakonvention verpflichtet, auch einen gerechten Beitrag an die internationale Klimafinanzierung zu leisten, damit sich die Länder, die am meisten von der Klimakrise betroffen und am wenigsten dazu beigetragen haben, an die Klimaerhitzung anpassen können. Dieser Verpflichtung kommt unser Land jedoch immer noch nicht nach. Wir GRÜNEN fordern nachdrücklich, dass die Schweiz mehr für die Klimagerechtigkeit tun muss. Sie soll sich mit jährlich einer Milliarde Franken an der internationalen Unterstützung der ärmsten Länder bei der Bekämpfung der Klimakrise beteiligen. Diese Gelder sollen die bestehende Finanzierung der internationalen Zusammenarbeit (IZA) ergänzen, nicht ersetzen.